Thermochemische Gaserzeugung aus Biomasse

Kernforschungsanlage Jülich, Seminar 1981

Ende 1981 hat unter dem Titel »Thermochemische Gaserzeugung aus Biomasse« ein Seminar bei der Kernforschungsanlage Jülich (KFA) stattgefunden. Die 51 Teilnehmer kamen zum größten Teil von Abteilungen der KFA selbst, von Ministerien, vom Umweltbundesamt, von Forschungseinrichtungen und von der GTZ (damals Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, heute GIZ).

Unter den Referaten waren namhafte deutsche Unternehmen vertreten, die eine Menge Vorbeiten und Erfahrungen auf diesem Gebiet vorzuweisen hatten (MAN, Volkswagen, Fritz Werner, Lurgi, Uhde, Degussa, Saarberg Fernwärme) und die sich Hoffnungen auf ein lukratives Geschäftsfeld machten. Diesen Aspekt betonte insbesonder der Beitrag der Firma Bio-Carbon.

Allerdings dämpfte Dr. Strehler von der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik die Erwartungen auf einen nennenswerten Anteil von  Biomasse für die Energieversorgung in Deutschland. Die Perspektiven wurden eher im Ausland (Tropenholz) und bei Abfallstoffen gesehen.

Als einzige funktionierende Großanlage wurde die Holzverkohlung in Bodenfelde vorgestellt, die damals schon seit gut 50 Jahren mit der Reichert-Retorte funktionierte. Allerdings hat Degussa wenig später beschlossen, dieses Geschäftsfeld aufzugeben und verkaufte die Anlagen an die US-amerikanische Firma Calgon Carbon, einem Konkurrenten im Bereich der Aktivkohle. Die Anlage arbeitet heute noch unter dem Namen proFagus und rühmt sich ihrer umweltfreundlichen Verkohlung.

Der Grund für die schlechten Perspektiven in den 1980er Jahren war, daß die Koppelproduktion von Holzkohle mit einer Vielzahl organischer Rohstoffe (Essigsäure, Methanol, Aceton, Phenole usw.) angesichts des Übergewichts der Petrochemie, die diese Substanzen billiger liefern konnte, wenig Gewinn versprach. Es blieb die Herstellung von Holzkohle für bestimmte Qualitäten von Aktivkohle, als Grillkohle, als medizinische Kohle oder für die Metallurgie.

Viele traditionelle Einsatzgebiete der Holzkohle waren im Laufe der Jahre weggebrochen, wie die Heizung von Bügeleisen oder Eisenbahnwaggons. 

Vor daher schien es sinnvoll, die stoffliche Nutzung völlig aufzugeben und sich auf die Vergasung von Biomasse zu konzentrieren. Die Aufarbeitung der flüssigen Produkte der Verkohlung wurde als unwirtschaftlich eingestuft. Das kann sich aber angesichts der Diskussion um den Ausstieg aus den fossilen Rohstoffen als verhängnisvoller Irrweg erweisen.

Angesichts der Kohlendioxid-Emissionen ist auch die stofflichen Nutzung der fossilen Rohstoffe (Kohle, Erdöl, Erdgas) in die Kritik geraten und Alternativen sind willkommen. Man träumt davon, den Kohlenstoff aus dem CO2 der Luft mit Wasserstoff, der mit Solarenergie erzeugt wird, in die organischen Verbindungen zu überführen, die schon in der Biomasse sind.

Einige dieser Ansätze waren 1981 schon bekannt. So wurde die Herstellung von Methanol aus Synthesegas erwähnt. Der Vertreter von Lurgi hielt die Methanolsynthese aus Holzgas mit der Zirkulierenden Wirbelschicht für wirtschaftlich in Großanlagen (Rheinbraun-HTW-Verfahren eigentlich für Braunkohle gedacht). Die KFA arbeitete schon an der Methanolgewinnung mit Prozeßwärme aus dem Hochtempeturreaktor (HTR).

  • Vorschläge für die Kohlevergasung mittels nuklearer Prozesswärme wurden z.B. von KUGELER 1969 gemacht. Diese sehen die Durchführung der Kohlevergasung in Rohren vor, die von aussen mit Helium beheizt werden, welches von einem fortgeschrittenen HTR mit einer Core-Austrittstemperatur von 1200 °C geliefert würde. Nach einer andern Version gibt das Helium des HTR-Primärkreislaufes seine Wärme an einen Sekundärkreislauf mit flüssigem Blei ab (SCHENCK 1970). [Quelle (PDF) Seite 13]

Heute ist Atom durch Sonne ersetzt, aber die Chemie bleibt die selbe.

Die Vorstellungen Ende der 1980er Jahre finden sich im

Vorwort

Aufgrund der in den letzten Jahren sprunghaft gestiegenen Kosten für die Energiebereitstellung wird heute auch Energieträgern, deren Umwandlungsverfahren bisher mit zu hohen Kosten verbunden war, zunehmend Bedeutung eingeräumt. Besondere Beachtung findet hier die Biomasse, da sie den regenerativen Energieträgern zuge­rechnet werden muß und im Gegensatz zu anderen regenerativen Energiequellen (Sonnen-, Wasser-, Windenergie) bei der Konversion von Biomasse auf Technologien zurückgegriffen werden kann, die bereits für andere Energieträger erprobt bzw. größtenteils ent­wickelt sind.

Einen Schwerpunkt bei der Konversion von Biomasse nehmen die thermochemischen Prozesse Verbrennung, Entgasung (Pyrolyse) und Vergasung ein. Während bei der Verbrennung von homogenen Bren­stoffen unseres Erachtens nur noch Anpassungsarbeiten an die unterschiedlichen Brennstoffe durchzuführen sind, sind bei der Pyrolyse und der Vergasung noch größere Entwicklungsarbeiten erforderlich. Besonders der Einsatz von nicht rieselfahiger und feinkörniger Biomasse bereitet noch Schwierigkeiten. Da gerade jedoch das Potential derartiger „Abfallstoffe“ als sehr hoch einzustufen ist, sind die Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet zu verstärken.

Zur geschichtlichen Entwicklung der thermochemischen Gaserzeugung aus Biomasse ist zu bemerken, daß die ersten Vergasungsversuche in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts durchgeführt wur­den . Angesichts des Brennstoffmangeis in Deutschland während den 30er und 40er Jahren mußte diese Entwicklung erheblich forciert werden.

Der Literatur ist zu entnehmen, daß von vielen Seiten erhebliche Entwicklungsarbeiten unternommen wurden. Den damaligen Stand kennzeichnet die Tatsache, daß gegen Kriegsende ca. 80 % aller Kraft­fahrzeuge mit sogenanntem Feststoff-Kraftstoff {Holz sowie Anthrazit) betrieben wurden. Die aus dieser Zeit vorhandenen Erkenntnis bilden die Grundlage der neuen Aktivitäten auf diesem Gebiet, Daß ist unserer Meinung nach zur Zeit mehr eine Reaktivierung des verloren gegangenen Know-How zu beobachten, als echte Weiterentwick­lung gegenüber dem Stand von 1945.

Auch zur damaligen Zeit war es bekannt, daß es sich bei der Ver­gasung um einen komplexen chemischen Reaktionsprozeß handelt. In­folge der herrschenden Randbedingungen war man jedoch gezwungen, die Reaktoren überwiegend durch empirische Vorgehensweise zu optimieren und fand auch für die seinerzeitigen Randbedingungen zu einer quasi optimalen Auslegung (Gleichstromverfahren). Dabei wurde der Umweltverträglichkeit der Generatoren nur eine geringe Bedeutung beigemessen.

Um heute eine vernünftige Weiterentwicklung besonders im Hinblick auf die oben angeführte gewünschte Erweiterung des Einsatzmate­rials und auf die Umweltbelastung durchführen zu können, ist es erfordert ich, den Einzelreaktionen im Vergasungsprozeß nachzu­gehen und somit auf einer wissenschaftlich fundierten Grundlage die verschiedenen Verfahren optimieren zu können.

Zielsetzung dieses Seminars war es, den Stand der thermochemisch« Verfahren zur Gaserzeugung aus Biomasse darzustellen und Hinweis« für zukünftige F&E-Aktivitäten auf diesem Gebiet zu erhalten. Die eingereichten Firmenbeiträge dokumentieren den hohen Entwicklungsstand auf diesem Gebiet, geben jedoch gleichzeitig auch Hinweise auf Schwierigkeiten und mögliche Weiterentwicklungen.

Inhaltsverzeichnis

Seminar „Thermochemische Gaserzeugung aus Biomasse am 12. und 13 November 1981 in der KFA Jülich GmbH
1. Entgasung (Pyrolyse)
1.1. „Pyrolyse und Vergasung von Biomassen“ – Übersicht –
Dr. Arno Strehler  – Seite 1
1.2. „Niedertemperaturpyrolyse System Kiener zur Gewinnung von Holzkohle und Energie aus Holzabfällen und Biomassen”
S. Lenz, J. Heil – Seite 25­
1.3. „Karbonisierung von Biomasse“
Dr. Emmerich – Seite 41 –
1.4. „Holzverkohlung“
Dr. Horst-Günter Brocksiepe – Seite 65 –

2. Vergasung
2.1. „Vergasung von Biomasse“
Herr Zerbin – 102 –
2.2. „Brenngaserzeugung aus Biomasse“
M. Laser, H. Mallek und D. Ermisch – Seite 122 –
2.3. „Vergasung von Biomasse“
Adolf Garkisch – Seite 130 –
2.4. „Wärme und Strom aus homogenen Abfall­stoffen“
Dipl.-Ing. A. Titl –  Seite 144 –
2.5. „Energiegewinnung aus Biomasse mit Schwachgasgeneratoren“
Dr. K. H. Unkelbach, Dipl.-Ing. H. Pleimling  – Seite 152 –

3. Konzepte zur Energieversorqunq und Vergasunqsverfahren zur Methanol­-Synthese
3 1 „Erfahrungen mit BiomasseVergasern auf den Seychellen“
Dr. Björn Kjellström –  Seite 168
3.2. „Konzepte für die dezentrale Energie­erzeugung mit Biomasse-Vergasung“
A. König, B. Wiedemann – Seite 178
3.3. „SFW-Funk-Verfahren“
Dr. H. Hümmelsiep – 197
3.4. „Vergasung von Biomasse in der Wirbelschicht“
Chr. Lindner – 213
3.5. „Die Herstellung von Synthesegas durch Holzvergasung nach dem Rheinbraun-HTW-Verfahren“
Dr. Eberhard Nitschke – Seite 231

Teilnehmerliste – Seite 247

 

Bibliografische Daten

Thermochemische Gaserzeugung aus Biomasse – Vergasung und Entgasung – Vorträge eines Seminars veranstaltet von der Projektleitung Energieforschung (PLE) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ) am 12. und 13. November 1981

KFA Jülich
Redaktion: J. Gehrmann
Jül – Conf – 46  November 1981 ISSN 0344-5798

Orginaldokument (PDF)

Teilnehmer

1 Dr. Weismann Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Postfach 14 02 70 5300 Bonn 1
2 Dr. Augustin “ „
3 Dr. Matthes Bundesministerium für Forschung und Technologie – Referat 313 – Postfach 20 07 06, 5300 Bonn 2
4 Dr. Walch Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit Karl-Marx-Straße 4-6, 5300 Bonn 1 
5 Herr Kanera “ „
6 Dr. Fink Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit Postfach 51 80, 6236 Eschborn 1
7 Dr. Scharmer “ „
8 Herr Kraft “ „
9 Herr Oelert “ „
10 Herr Owsianowski “ „
11 Professor Hedden Engler-Bunte-Institut der Universität Karlsruhe Richard-Willstätter-Allee, 5 7500 Karlsruhe
12 Dr. Rao “ „
13 Dr. Strehler Bayerische Landesanstalt für Landtechnik Vöttinger Straße 36, 8050 Freising
14 Herr Schulze-Lammers  “ „
15 Dr. Lenz Kiener Pyrolyse Kriegsbergstraße 32, 7000 Stuttgart 1
16 Dr. Heil
17 Herr Zerbin Imbert Energietechnik GmbH & Co. KG Bonner Straße 49 5354 Weilerswist
18 Herr Beiten “ „
19 Herr Linneborn Fritz Werner Industrie­Ausrüstungen GmbH Postfach 12 58 / 12 59 6222 Geisenheim
20 Herr Garkisch “ „
21 Dr. Reinert Lurgi Kohle und Mineralöl­technik GmbH Postfach 11 91 81 6000 Frankfurt/Main 2
22 Dr. Lindner “ „
23 Dr. Mundo Uhde GmbH
24 Dr. Nitschke Degginstraße 10 – 12, 4600 Dortmund 1
25 Herr Titl MAN – Neue Technologie 
26 Dr. Leuchs Postfach 50 06 20, 8000 München 50
27 Dr. Hununelsiep Saarberg-Fernwärme GmbH
28 Herr Knorzer Postfach 238 6600 Saarbrücken
29 Herr Pleimling KHD Humboldt Wedag AG
30 Dr. Unkelbach Postfach 91 94 94, 5000 Köln 91
31 Herr Wiedemann Volkswagenwerk AG
32 Dr. König Postfach 3180 Wolfsburg 1
33 Dr. Emmerich Biocarbon
34 Herr Reger Am Sonnenberg 9 2401 Groß Grönau/Lübeck
35 Dr. Kjeilström Beij er Institute Post Office Box 50005,10405  Stockholm/Schwede]
36 Dr. Brocksiepe Firma Degussa 3417 Bodenfelde
37 Herr Hornberger Viessmann Werke AG Postfach 10, 3559 Allendorf/Eder
38 Dr. Otzen Landwirtschafts-Industrie Lindenallee 56 – 58, 4300 Essen 1
39 Herr Nels Umweltbundesamt Bismarckplatz 1, 1000 Berlin 33
40 Herr Riedinger KFA-PLR
41 Dr. Witte KFA-PTB
42 Dr. Laser KFA-TD-DE
43 Herr Mallek KFA-TD-DE
44 Dr. Heidrich KFA-TTB
45 Professor Boettcher KFA-INT
46 Herr Nentwich KFA-INT
47 Dr. Kolb KFA-STE
48 Dr. Holighaus KFA-PLE
49 Dr. Stump KFA-PLE
50 Dr. Dietrich KFA-PLE
51 Herr Gehrmann KFA-PLE

 

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