Ueber Strassenbeleuchtung mit Steinkohlen durch die Thermolampe

Beschreibung der Strassenbeleuchtungsversuche mit Steinkohlen, angestellt im Winter 1811-12″ in der Fischergasse in Freiberg/ Sachsen!

Wilhelm August Lampadius (1772-1842) „ist in Hehlen a. d. Weser am 8. 8. 1772 als Sohn eines Offiziers, der in englischen Diensten stand, geboren. Sein Vater ging dienstlich nach Amerika und ist dort verschollen. So lag die Erziehung des Knaben allein in den Händen der Mutter und deren Schwager, des Pastors Prössel zu Bofzen bei Fürstenberg. Die Liebe zu den Naturwissenschaften zeigte sich schon früh. Mit 12 Jahren konfirmiert, kam der Junge als Lehrling in die Ratsapotheke nach Göttingen. Aus Neujahrgeschenken, die er als Lehrling erhielt, und mit den Gaben einiger Verwandten hatte er während der Lehre 75 Taler erspart, mit denen er sein Studium begann. Er beschreibt es als einen der glücklichsten Augenblicke seines Lebens, wie er zum ersten Male, der harten Knechtschaft der Lehre entronnen, als ein freier Jüngling, ein Göttinger Bursch, in seiner Studentenbunde – sogar mit einem Sofa – gesessen hätte mit den schönsten Aussichten, die Natur und namentlich Meteorologie zu studieren.

Sein großer Gönner wurde Professor Lichtenberg. Lichtenberg, Gmelin, Kästner, Murray, Blumenbach gaben ihm freien Zutritt zu den Kollegs, die er 1790 bis 1793 mit Eifer besucht hat. Vielleicht hat Lampadius von Lichtenberg den leichten Hang zur Satire – in Gestalt eines gutmütigen Humors – angenommen. Möglicherweise hat Lampadius auch von Lichtenberg, der ja zu Weihnachten 1783 damit begann, Aerostaten-Versuche anzustellen, zuerst über das Gas gehört. Ohne Frage aber war es wohl Lichtenberg, der Betreuer der englischen Prinzen Ernst August (nachmals König von Hannover) und Georg, der ihm das Amt des Einpaukers der Prinzen vermittelte. Gegen Ende des dritten Studienjahres forderte ihn Graf v. Sternberg als Begleiter zu einer Reise durch Rußland nach China auf, die wegen der Ausweisung durch die Polizei aber in Moskau abgebrochen wurde. So kam Lampadius als Privatsekretär des Grafen nach Böhmen, wo er sich der Chemie und deren praktischer Anwendung in den kleinen Industriebetrieben widmete. Von hier aus wurde er 1794 nach Freiberg zur Bergakademie zuerst als a. o. Professor berufen.

Im Jahre darauf, also 23 Jahre alt, wurde er zum o. Professor für allgemeine Chemie ernannt. Er war sehr vielseitig mit der technischen Anwendung seiner chemischen Kenntnisse beschäftigt. Man kann nur die Hauptgebiete hier nennen: Agrikulturchemie, Düngesalze. Rübenzuckerfabrikation, wegen der ihn Napoleon I. und auch Carl August von Weimar zu Rate zog. Überhaupt war er stets bereit, in den Fabriken der Umgebung Ratschläge zu erteilen. – So kam er auch zum Hüttenwesen. Ab 1797 hielt er einen Kursus für Hüttenkunde. Er kam mit Faber du Faur in Wasseralfingen zusammen, dem rührigen württembergischen Hüttenmann, der mit Gasgeneratoren und Heißwind im Hochofen arbeitete.

Im Freiberger Bezirk führte Lampadius den Heißwind ein. – Berühmte Schüler waren Alexander von Humboldt und Henrik Steffens. Mit Berzelius und Mitscherlich stand er in inniger Verbindung. Nach 48 Jahren erfolgreicher Tätigkeit in Freiberg verstarb er nach einem langen, aber nicht schmerzlichen Krankenlager am 13. 4. 1842. – So war der Mann beschaffen, der sich als erster Wissenschaftler an einer technischen Lehranstalt der Gaserzeugung zuwandte. Schon im Jahre 1798 begann er mit Entgasungsversuchen an einer Menge brennbarer Stoffe und veröffentlichte die Ergebnisse über Ausbeutezahlen und Aschengehalt in den Sammlungen chemischer Abhandlungen, 3. Band, 1800, Dresden bei Walther.

Bereits erwähnt ist, daß Lampadius dem Kurfürsten in seinem Schloße in Dresden bereits 1799 eine Thermolampe vorgeführt hat. Sollte er damit erreicht haben, daß die Fürsten dieses Landes ihr Auge von der neuen Beleuchtungsart nicht abwandten und die Treiber wurden, daß die spätere königliche Regierung die Stadtbeleuchtung in Dresden als erstem Unternehmen der öffentlichen Hand erbaut hat?

Andere technische Verkohlungsversuche im Großen hat er in den „Erfahrungen im Gebiete der Chemie und Hüttenkunde“, Weimar, Sachs. Ind. Comptoir, 1815 bekanntgegeben. Hier wird auch über Braunkohle, Erdkohle, Moorkohle berichtet. – 1817 stellte er fest, daß er seit 20 Jahren auf dem gräflich Bucquoischen Eisenwerke Gabrielenhütte Buchenholz zur Gewinnung von Teer und Essig verkohlt und das Gas zur Unterfeuerung benutzt habe.

Lampadius berührte das Dilemma bei der Holzverkohlung: Arbeitet man mit mäßiger Temperatur, erhält man eine gute Holzkohle, aber wenig und schlecht leuchtendes Gas; bei hoher Temperatur ergibt sich aber mit einem besseren Gase eine schwammige Holzkohle. Er beansprucht für sich, den ersten Gedanken, das Gas in Hütten zu Heizzwecken heranzuziehen, gehabt zu haben.

„Zur Ergänzung des Geschichtlichen über die Benützung der bei der Verkohlung der Brennmaterialien verlorengehenden Stoffe sei es mir erlaubt, hier anzuführen, daß meine Versuche hierüber im Jahre 1797 begannen. In diesem Jahre röstete ich in dem hiesigen Henkeischen Laboratorium zuerst Kiese durch das brennende gekohlte Hydrogengas (ein Name, der in den alten Schriften immer wieder durcheinander für Kohlengas oder Methan gebraucht wurde), welches bei der Verkohlung des Holzes entweich. .. Bei diesen Versuchen war mir der jetzige Salineninspektor, Herr Klemm, behilflich. Herr Murdock, dessen Versuche ich aber nicht kannte, und ich haben uns mithin in Hinsicht der Ansprüche auf die Entdeckung der Anwendung des gekohlten Hydrogengases zu teilen. Er gab das Licht und ich die Wärme. .. Die Steinkohlengasbeleuchtung fing ich hier zuerst an, nachdem dunkle Nachrichten über dieselbe während der traurigen Continentalsperre aus dem gewerbereichen England zu uns drangen.

Die kriegerischen Unruhen und der Geldmangel haben uns in Sachsen bis jetzt von der weiteren Ausführung dieses neuen Industriezweiges abgehalten. .. Es war den 24. Januar 1816, an welchem ich das Steinkohlengaslicht (in Deutschland zuerst) auf dem kgl. Sächs. Amalgamierwerk in der Halsbrücke bei Freiberg anzünden konnte.“

Nach dieser Aufzeichnung des Lampadius selbst könnte die Nachricht, er habe bereits 1811 einen Teil der Fischergasse in Freiberg beleuchtet, als widerspruchsvoll bezeichnet werden. Vermutlich hat aber Lampadius diese Anlage, die vier Wochen im Betriebe war, nur als Versuch gewertet, während die Beleuchtung im Amalgierwerk eine Dauereinrichtung war. Sie hat mit Erweiterungen im Jahre 1825 bis 1894 gearbeitet. – Lampadius hat sich mehr als alle wissenschaftlichen Forscher bis dahin in die Technik vertieft. Statt dem damals üblichen Schattenphotometer nach Rumford zum Vergleich der Leuchtkraft zweier Flammen benutzte er einen Tubus, in der trübe Hornglas- oder Beinglasscheiben eingesetzt wurden, bis das anvisierte Licht nicht mehr sichtbar war. Damit gewann er nach der Zahl der notwendigen Gläser eine Skala von Dunkelheit = o° bis zum hellsten Licht (Sauerstoff mit Phosphor) = 100°, z. B. Öllampe = Vollmond 37°, Talglicht 30°, Probierofen 42°, Gaslicht 45°, Glasofen 62°, Sonnenlicht 85° usw. Über die Mängel z. B. aus Ungenauigkeiten der Trübungen soll hier nicht gerechtet werden. Der Versuch, eine absolute Skala zu schaffen, ist aber zu bewundern.y – In der Gaserzeugung stellte er den Einfluß der wirksamen Gaskühlung gegenüber den unzureichenden englischen Kühlern – als Schlangen im Behälterwasser – fest. Daraufhin entwickelte er einen besonderen Vorkühler aus einer flachen Bleiblechblase. Besonders hat sich Lampadius mit der Verwertung des Teeres befaßt. Er hielt ihn für eine gute Maschinenschmiere, beschrieb das Verfahren, ihn als Rostschutz für Eisen zu verwenden und gab ein Rezept mit Zuschlägen für die damals eine große Rolle spielenden Eisenkitte. Er beschrieb auch die Weiterverarbeitung des Teeres in Blasen zur Entfernung des Wassers und Gewinnung von Terpentinöl, mit dem er Versuche als Beleuchtungsöl angestellt hat. Der Rückstand sei ein sehr schönes schwarzes Pech. – Angeregt durch die Übersetzung des Accum und Nachrichten im Hermbstädt’schen Bulletin hat er sich nach 1817 auch mit der Zersetzung des Teeres zur Gaserzeugung befaßt. Er hat nach Vorbildern ein glühendes schrägliegendes Eisenrohr benutzt, in das der Teer eintropfte, wobei er auch sonst schlecht verwertbare Öle anderen Ursprungs „thermisch krackte“. Der sich im Rohr absetzende Koks mußte von Hand entfernt werden. Lampadius hielt Leinölgas für Haushaltsanlagen wegen der geringen erforderlichen Hitze – das Rohr eingebaut in den Kochherd – für vorteilhaft. – Überhaupt machte sich Lampadius Gedanken, wie die Gasbeleuchtung gefördert werden könnte. Ihrer allgemeinen Einführung zur Straßenbeleuchtung stände die nach den napoleonischen Kriegen entstandene Geldknappheit entgegen. Man solle so beginnen, daß man einzelne Hausbesitzer durch Subventionen ermutige, Hausanlagen in die Kachelöfen einzubauen, und diese verpflichte, als Gegenleistung einen Wandarm zur Straßenbeleuchtung außerhalb des Hauses anzubringen. Später erklärte er, daß mit Hilfe des Gasbehälters, den er erst 1815 kennengelernt hat, die Straßenbeleuchtung auch von einer Gasfabrik möglich würde. Man fühlt gerade aus diesen Anregungen, daf hier am Wirtschaftlichen die Möglichkeiten des Professors ihr Ende fanden.“ Johannes Körting, Geschichte der Deutschen Gasindustrie, pp.56-60

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