Köhlerei

Köhlerei

Kapitel 5 aus Arne Paysen, Nachhaltige Energiewirtschaft? Brenn- und Kohlholznutzung in Schleswig-Holstein in Mittelalter und früher Neuzeit. Dr. Paysen hat freundlicherweise die Übernahme einer Passage aus seiner Promotion gestattet.

Die angegebenen Literaturstellen sind in der Literaturliste zu finden.

Was die Kohlen beym Schmeltzen/ zubereiten und zurichten [sic] der Metallen und sonsten vor ein nützliches/ ja unentbehrliches Werck/ solches istjederman sonderlich bey den Berg-Wercken/ item Schmieden/Schlössern/ Gold-und Silber-Arbeitern und andern unzehligen Handwercks-Leuten zur Genüge bekannt. Da wir nun selbige ebenfalls aus denen Wäldern holen müssen/ so wird nicht übel gethan seyn/ wenn wir von dieser materie [sic] allhier absonderlich handeln. Es ist aber bey dem Kohlwerck vor allen Dingen dahin zu trachten/ wie man zu denen Kohl-Städten oder Plätzen/ bequeme Oerter bereitet/ damit die geschlagenen Sragen-Höltzer afselbigen füglich eingerichtet werden können.

Hannß Carl von Carlowitz, Sylvicultura oeconomica 1713, 383.

Die Herstellung von Holzkohle (Köhlerei) war vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert ein wichtiger Wirtschaftszweig in Schleswig-Holstein, vorrangig in den waldreichen Regionen der Geest und des Östlichen Hügellandes (Anonymus 1795; Mager 1930; Pöhls 1956; 1968; Kröger 1990; Rohwer 1996; Brämer 2001). Über das Jahr gesehen verteilt sich die Arbeit der Köhler in zwei Abschnitte, im Winter wird Holz geschlagen, im Sommer verkohlt. Technisch gesehen handelt es sich bei der Köhlerei um die trockene Destillation des Holzes, Holzkohle ist das Endprodukt der unter weitgehendem Luftabschluss erfolgten thermischen Zersetzung (Brocksiepe 1976, 703). Unter zunehmender Wärme wird das Lignin des Holzes immer weiter chemisch aufgespalten, wobei ein Großteil der im Holz enthaltenen Stoffe entweder ausgetrieben oder zu Kohlenstoff umgewandelt werden. Im Gegensatz zu Holz enthält Holzkohle kein in den Zellen gebundenes Wasser und hat dadurch einen wesentlich höheren Brennwert, der fast an den Brennwert von Steinkohlenkoks heranreicht.

Brennstoff Mittlerer Brennwert (kJ /kg)
Holz (lufttrocken) 16.500
Holzkohle (Hartholz) 29.000
Steinkohlenkoks 30.000

Tab. 3: Vergleichende Darstellung der Brennwerte von Holz, Holzkohle und Steinkohlenkoks

Die Zersetzung des Holzes gliedert sich in drei Temperaturbereiche und beginnt bei 100°C. Zwischen 100-170 °C verdampft das in den Poren und den Zellen enthaltene Wasser. Außerdem beginnt die Aufspaltung der thermisch instabilen Holzanteile Hemicellulose und Cellulose zu Kohlenmonoxyd, Kohlendioxyd, Ameisen- und Essigsäure sowie Kohlenstoff. Dieser Prozess ist endotherm und bedarf einer Energiezufuhr von außen, im Falle der Meilerverkohlunggeschieht dieses durch das Entzünden der Holzcharge. Durch den hohen Wassergehalt sind die aus dem Meiler austretenden Rauchgase weiß, zum Teil auch leicht gelblich gefärbt.

Im zweiten Temperaturbereich zwischen 200 und 280°C werden die Holzmolekühle (Lignine) aufgespalten. Es entweichen das chemisch gebundene Wasser sowie die bei der offenen Verbrennung flammengebenden Stoffe Holzteer, Wasserstoff, Methan und Acetylen. Dieser Abschnitt des Köhlereiprozesses verläuft exotherm; das im Meiler befindliche Holz beginnt schwach zu glühen. Durch Verringerung der Luftzufuhr muss der Verkohlungsprozess gezügelt werden. Die aus dem Meiler austretenden Gase haben, wie viele unvollständig verbrannte Kohlenwasserstoffe (z. B. die Abgase aus alten Benzinmotoren), eine bläuliche Färbung.
Zwischen 280 und 350 °C findet die sogenannte Restverkohlung statt. Aus dem fast vollständig zu Kohlenstoff umgewandelten Holz entweichen nur noch wenige, optisch nicht wahrnehmbare Gase. Der Prozess verläuft wieder endotherm, der Meiler wird durch vollständiges Unterbinden der Luftzufuhr erstickt (Thommes 1997, 40-41).

Den größten Anteil der entweichenden Stoffe nimmt das vorher im Holz gebundene Wasser ein. Die weiteren bei der Köhlerei entstehende Stoffe, Holzessig, Teer, Terpentin, Holzgeist (eine methylalkoholische Verbindung) und Holzgas haben deutlich geringere Anteile (Meyer 1997, 27).

Ausbeute Abb 19 Paysen

Abb. 19: Anteile der bei der Köhlerei entstehenden Stoffe bei der Verkohlung von Fichtenholz. Bei der Verkohlung von Laubholz ist der Anteil an Holzteer wesentlich geringer (Meyer 1997, 44)

Bis ins 19. Jahrhndert wurde ein Großteil der bei der Holzverkohlung entstehenden Nebenprodukte nicht genutzt, allein für den besonders bei Nadelhölzern austretenden Teer sind Aufnahmemechanismen auch archäologisch belegt (Breinl 1998). Seit etwa 1820 existieren gemauerte Meiler, welche neben der Holzkohleherstellung im großen Stil auch die Destillation der Nebenprodukte Teer, Tepentin und Holzessig zulassen (Radkau und Schäfer 1987, 129).

Die nach dem Verkohlungsprozess entstandene Holzkohle ist durch und durch schwarz, hat beim Aufschlagen auf den Boden einen glas- oder metallartigen Klang, ist sehr leicht und brennt ohne Flammen- und Rauchentwicklung langsam und gleichmäßig ab. Qualitätvolle Kohle sollte großstückig sein und die Struktur des genutzten Holzes klar erkennen lassen, außerdem wenig abfärben oder stauben (DuHamel du Monceau 1962, 8-9; Berg 1860, 54-55; Thommes 1997, 94-96). Die wichtigsten physikalischen und chemischen Eigenschaften von Holzkohle sind ihre schlechte Wärmeleitfähigkeit, die gute elektrische Leitfähigkeit, das Vermögen, verschiedenste Stoffe zu absorbieren (Aktivkohlefilter) und bei Brand ein stark reduzierendes Milieu zu erzeugen. Die chemische Zusammensetzung (in Gewichtsprozenten) von im Meiler hergestellter Holzkohle beträgt über 93% Kohlenstoff, andere nennenswerte Bestandteile sind Stickstoff, Wasserstoff und Sauerstoff (jeweils um 2%) und ein Rest Asche (Meyer 1997, 43). Nach längerem Liegen kann Holzkohle aufgrund der natürlichen Luftfeuchtigkeit größere Mengen Wasser aufnehmen, was an einem funkenreichen Brand zu erkennen ist.

Je nach Holzart sind unterschiedliche Wirkungsgrade zu erreichen. Der Wirkungsgrad der Verkohlung wird in den meisten Werken als Gewichtsrelation von eingesetztem Holz zu gewonnener Kohle angegeben. Theoretisch ist bei der Verkohlung von Nadelholz ein Wirkungsgrad von 35,8% zu erreichen, bei Laubhölzern ist der Wirkungsgrad geringer, er liegt zwischen 23,8% bei Hartholz und 31,8% bei Weichholz. Die Werte beziehen sich auf lufttrockenes Holz mit 11% Wassergehalt (Thommes 1997, 41). In der Praxis sind die hier angegebenen Wirkungsgrade nicht zu erwarten. Bei der klassischen Köhlerei verbrennt immer ein Teil des eingesetzten Holzes, um den Verkohlungsprozess zu starten, so dass je nach Verfahren ein geringerer Prozentsatz Holzkohle nach dem Verkohlungsprozess zurückbleibt.

Die Köhlerei ist ein schon in der Urgeschichte bekannter Prozess. Spätestens seit dem Aufkommen der ersten Metalle in der Kupfer- und Bronzezeit nutzt der Mensch Holzkohle, um die Erze zu verhütten und die Metalle weiter zu verarbeiten (Hillmer 1999). Möglicherweise sind Köhlereiprozesse sogar seit dem Mesolithikum bekannt, da hier schon Teer beziehungsweise Birkenpech – beides Nebenprodukte der Köhlerei – als Klebemittel genutzt wurden. In der Hallstatt- und Latenezeit (Pott und Speier 1993), sowie im klassischen Griechenland und im römischen Reich muss die Holzkohleproduktion aufgrund der vielseitigen Verwendung der Metalle ein wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft gewesen sein. Für die vorrömische Eisenzeit beschreibt Theophrast (371-287 v. Chr. zitiert in Ernst 1966, 13; Sprengel 1822) den Verkohlungsprozess, im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt wird die Verkohlung in stehenden Meilern von Plinius (ca. 23-79 n. Chr.; nat. hist. lib. 16, 27-29) beschrieben.

Durch das gesamte Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde Köhlerei einerseits als professionalisiertes Gewerbe in den Montangebieten und in der Nähe frühindustrieller Anlagen betrieben (Biringuccio 1540, Carlowitz 1713; Radkau und Schäfer 1987 118-129; Schirren 2008), andererseits als bäuerliches Nebengewerbe zur Versorgung der regionalen Abnehmer (Anonymus 1795; Mager 1930, 120123; Gleitsmann 1981; 1982; Brämer 2001). Bis zur industriellen Revolution deckten allein die Köhlereien den Kohlebedarf für frühe Industrie, Handwerk und Montangewerbe; erst mit zunehmender Verbreitung der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Energiebedarf vorrangig durch die Verbrennung von Steinkohle gedeckt (Radkau u. Schäfer 1987, 125, 135).

Erstaunlich ist, dass bereits bei Plinius die verschiedenen Brenneigenschaften von Holzkohlen aus unterschiedlichen Holzarten erwähnt werden. Das Wissen um die verschiedenen Eigenschaften spielt in vielen technischen Werken bis in das 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle und kann über Erfolg und Misserfolg eines Produktionsprozesses entscheiden. Kohlen von Eiche, Buche und Hainbuche sind bei der Eisenverhüttung beliebt (Plinius nat. hist. lib. 16, 27), Weichholzkohlen, besonders von Weiden, Pappel und Tannen, aber auch Holzkohlen von Ahorn haben in der Eisenverhüttung einen so großen Verbrauch an Holzkohle zur Folge, dass ihre Verwendung als Verschwendung gelten muss (Biringuccio 1540, 208-209). Die Kupfermühle bei Flensburg hingegen versuchte explizit, auf die Verwendung von Eichenkohlen zu verzichten (Speck 1821). Im Silber- und Goldschmiedehandwerk eignen sich Birkenkohlen nicht (Biringuccio 1540, 208-209), ansonsten ist Birken,- Erlen- und Ahornholz vielseitig verwendbar (Thommes 1997, 95). Allgemein unbeliebt waren schlecht gebrannte oder funkende Kohlen (Carlowitz 1723, 391). Die für andere Zwecke wenig taugliche Faulbaumkohle wurde schon im 17. Jahrhundert in Frankreich zur Schießpulverherstellung genutzt (Anonymus 1820). Widersprüchlich sind die Angaben über den idealen Wassergehalt des Kohlholzes vor der Verkohlung. Während Carlowitz (1713, 391) hervorhebt, dass die besten Verkohlungsergebnisse mit noch grünem stockholz zu erzielen seien, besteht der anonyme Autor (1820) auf die Verwendung von gut getrocknetem Holz. In vielen der zitierten historischen Werke zur Köhlerei wird die Verwendung junger Stämme oder Stockhölzer als positiv hervorgehoben, da die Kohlen meist großstückiger sind und weniger zum Bröckeln neigen (vergl. Radkau und Schäfer 1987, 127).

5.1.1 Produktionsabläufe unterschiedlicher Köhlereiverfahren

In der historischen Literatur zum Verkohlen des Holzes wird auf dreierlei Dinge eingegangen: auf die Anlage und Beschaffenheit der Meilerstelle, auf die Auswahl des Holzes beziehungsweise auf den Betrieb des Waldes und den eigentlichen Köhlereiprozess, das Aufbauen und Betreiben des Meilers. Dieser Einteilung der Produktionsabläufe wird auch in dieser Arbeit gefolgt.
Zur Herstellung von Holzkohle unterscheidet man im Wesentlichen vier Verfahren.

Offene Verkohlung

Das einfachste und ineffektivste Verfahren ist das Ablöschen einer Feuerstelle mit Sand und Wasser, wobei das nicht vollständig verbrannte Holz als Holzkohle übrig bleibt. Dieses Verfahren wird offene oder afrikanische Verkohlung genannt, da sie einigenorts in Afrika praktiziert wird (Avery und Schmidt 1979, 17). Der Wirkungsgrad dieses Verkohlungsverfahrens ist sehr gering und bei etwa 10 % Kohlegewicht im Vergleich zum genutzten Holzgewicht anzusetzen (Thommes 1997, 103). Archäologisch ist diese Form der Holzkohleherstellung nicht von einer gewöhnlichen Feuerstelle zu unterscheiden, im europäische Mittelalter ist diese Technologie nach bisherigem Stand der Forschung nicht zur intentionellen Herstellung von Holzkohle verwendet worden. Lediglich DuHamel du Monceau (1762, 4-6) nennt eine Variante dieser Methode, Löschkohlen zu erzeugen. Hierbei geht er vorrangig auf die Brandrückstände aus Bäckeröfen ein, die nach dem Auskehren des Ofens in Eisenwannen erstickt werden. Er hebt ebenfalls die geringe Effektivität und die schlechte Kohlenqualität dieses Verfahrens hervor. Es handelt sich bei dem Vorgehen jedoch nur um einen Vorschlag, Brennstoff zu sparen, nicht jedoch um eine regelhafte Möglichkeit der Holzkohleherstellung für Großverbraucher.

Grubenverkohlung

Biringuccio Grubenverkohlun Abb 25
Grubenverkohlung aus Biringucchio 1540

Bedeutender und weitaus besser archäologisch fassbar ist die Verkohlung in Gruben. Grubenmeiler sind seit der Bronzezeit, vermehrt aus der Eisenzeit (Holsten u. a. 1991, 378381; Thommes 1997, 76) bekannt und treten in Eisenverhüttungskontexten bis in das Mittelalter auf. Als mittelalterliche Beispiele seien hier der Grubenmeiler im Eisenverhüttungsrevier Handewitt (Kreis Schleswig-Flensburg, Schleswig-Holstein; Hingst 1974, 152-153) und die Grubenmeiler im Eisenverhüttungsrevier Diezhölzetal (Lahn-Dill Kreis, Hessen; Jockenhövel und Willms 2005, 381) erwähnt. Thommes (1997, 72-74) unterscheidet wannenförmige und schachtförmige Grubenmeiler. Die Größe der archäologisch nachgewiesenen Meilergruben ist überschaubar, wannenförmige Meiler sind selten größer als 2 m x 1 m x 0,5 m, schachtförmige Meiler selten tiefer als 2m. Ethnologische Vergleiche aus dem Iran belegen einen Grubeninhalt von 10m3, allerdings sind solch große Grubenmeiler archäologisch in Mitteleuropa bislang nicht nachgewiesen worden (Thommes 1997, 73). In der Pyrotechnia von Biringuccio (1540, 213) ist ein Grubenmeiler abgebildet, der zur Verkohlung von Stubben genutzt wird. Trotz der vergleichsweise geringen Effektivität von Grubenmeilern, die in der Regel von knapp 8% bis maximal 17% angegeben ist (Thommes 1997, 100), muss von einer Verwendung dieses Meilertyps bis in die frühe Neuzeit ausgegangen werden. Unterstrichen wird diese These durch eine Phrase in der „Gräflichen Hohenlohischen Jagd- und Forstordnung de [sic] 1579, Tit. 31″ (zitiert in Berg 1860, 4-5).

Hier heißt es, „dass kein Kohlenbrenner hinfürter seine Gruben oder Bratten darauf er die Kohlen brennen will für sich selbst, nach seiner Gelegenheit etc., sondern auf Anweisung der Forstbedienten machen soll“. Auch bei Carlowitz (1713, 391) findet sich ein Zitat, dass die Verwendung von Kohlgruben noch im 18. Jahrhundert bestätigt: „Wenn die Meuler-Köhler das große Holz in einer Revier verkohlet, sollen die Gruben- und andere Kö’hler nachfolgen/ und die Aeste und Reisig so die erstern liegen laßen/ mit aufräumen und verkohlen…“

Die Grubenköhlerei hatte also durchaus neben der Köhlerei in stehenden Meilern Bestand.

Aufgrund der seit dem Mittelalter geringeren Bedeutung wird auch in der historischen Literatur die Grubenköhlerei nur am Rande behandelt (Berg 1860, 3-4; 89-92). Die ausführlichste Beschreibung der mittelalterlichen Grubenverkohlung stellte F.-J. Ernst (1966, 13) aus den Beschreibungen von Theophrast und Biringuccio zusammen. Hierbei wird die Grube von 1 V Ellen Durchmesser und Tiefe mit Birkenwurzeln, Kleinholz, Kastanien oder anderem Holz gefüllt. In der Mitte der Grube bleibt ein Schacht frei, durch den der Grubenmeiler später entzündet wird. Das eingestellte Holz wird mit Farnkraut und erdfeuchtem Boden bedeckt und festgestampft. In diese Abdeckung werden einige Löcher zum Abzug der Holzgase eingestochen. Über den freiliegenden Schacht wird der Meiler durch Einfüllen von Glut und brennendem Holz entzündet. Wenn sich das Feuer überall hin verbreitet hat, wird der Schacht verschlossen. Die aus der Grubenabdeckung austretenden Gase ändern ihre Farbe von weiß über gelb zu blau. Wenn die Gase klar werden, ist die Verkohlung abgeschlossen und das Feuer wird durch Verschließen der Rauchöffnungen erstickt. Nach Erkalten der Glut kann die Grube zum Entnehmen der Holzkohle geöffnet werden. Ein Brand im Grubenmeiler ist bereits nach 10 bis 12 Stunden abgeschlossen.

Für die Zeit des 19. Jahrhunderts beschreibt Berg (1860, 89-92) die Grubenverkohlung als weniger ertragreich als die Verkohlung in stehenden Meilern, weshalb zu seiner Zeit nur gebündeltes Kleinholz von Zweigen und Ästen zur Grubenköhlerei verwendet wird. Das bei Berg beschriebene Verfahren unterscheidet sich von dem bei Ernst (1966) geschilderten dadurch, dass nicht die ganze Grube mit Holz gefüllt wird, sondern erst nach Anbrennen jedes einzelnen Holzbündels die Grube weiter gefüllt wird. Die Grube wird mit Rasensoden abgedeckt, wenn die Holzfüllung den oberen Rand erreicht. Die Verkohlungsdauer beträgt zwischen 24 und 36 Stunden.

Ethnografische Beobachtungen aus Afrika zeigen zwei nochmals leicht variierende Produktionsverfahren. In flachen Meilergruben wird das eingelegte Holz entzündet und erst nach kräftigem Anbrennen abgedeckt, bei tiefen Gruben wird die Meilercharge auf ein bereits bestehendes Feuer gestellt und ebenfalls erst nach deutlicher Flammenentwicklung verschlossen (Holsten u. a. 1991, 367). Undokumentierte Versuche auf dem Gelände der rekonstruierten Turmhügelburg in Lütjenburg zur Technologie der Grubenköhlerei zeigten, dass bei einer vorherigen Abdeckung des Grubenmeilers das Feuer durch mangelnde Luftzufuhr erstickt. Die Maße der Grube entsprachen denen der Beschreibung von Ernst (1966; 70 cm Tiefe, 70 cm Durchmesser), es wurde Wurzelholz und Kleinholz von Birken eingestellt. Aufgrund der ethnografischen Parallelen, bei denen die Abdeckung der Meilergrube erst nach dem Entzünden vorgenommen wird, steht zu bezweifeln, dass eine so frühe Abdeckung der Meilergrube, wie Ernst sie beschreibt, zum gewünschten Erfolg führt.

Allen Beschreibungen der Grubenköhlerei ist gemein, dass sie eine geringe Kohlenausbeute im Vergleich zum eingesetzten Holz liefert und dass die Kohlen eine mindere Qualität haben. Als deutlicher Nachteil wird außerdem die fehlende Kontrollierbarkeit des Brandes durch Zuglöcher (Räume) genannt.

Stehende Meiler

Biringuccio Meiler
Standmeiler aus Biringucchio 1540

Die Köhlerei in stehenden Meilern scheint eine bis in die Antike zurückreichende Tradition zu haben, sowohl Theophrast (zitiert in F.-J. Ernst 1966, 13) als auch Plinius (nat. hist. lib. 16, 27-29) beschreiben einen Köhlereivorgang, der nur als Verkohlung in stehenden Meilern verstanden werden kann. In Nord- und Mitteleuropa fehlen aus dieser Zeit Befunde der Köhlerei in stehenden Meilern, erst ab dem Hochmittelalter setzt sich die effektivere Form des Standmeilers durch (vergl. Thommes 1997, 69-72 und 74-80). Deutlich genauer als die antiken Quellen sind die Darstellungen der Meilerköhlerei ab dem 16. Jahrhundert, in verschiedenen Werken zum Bergbau und zur Forstwirtschaft wird bis ins Detail auf den Ablauf der Köhlerei eingegangen (Biringuccio 1540; Carlowitz 1713; DuHamel du Monceau 1762; Zanger 1773; af Uhr 1820; Berg 1860, Endres 1888).

Für den in dieser Arbeit betrachteten Zeitabschnitt sind Standmeiler die weiter verbreitete Meilerform, Grubenmeiler scheinen weniger gängig gewesen zu sein. Bei der Meilerköhlerei wird das Holz auf einer zuerst angelegten Kohlplatte möglichst eng aufgeschichtet und mit Soden, Erde und „Lösche“ (einigenorts auch „Gestübe“ genannt, gemeint ist holzkohle- und aschehaltige Erde von vorangegangenen Meilerbränden) bedeckt, wobei die Anlage der Kohlplatte und der Aufbau des Meilers im Detail regionalen Unterschieden unterworfen sind. Die Meilergrößen sind sehr variabel, sowohl aus archäologischen Befunden als auch aus der historischen Literatur sind Meilergrößen zwischen 4 m und 12 m Durchmesser belegt (Carlowitz 1713, 383-385; DuHamel du Monceau 1762, 18; Anonymus 1820; Zeidler 1972; Holsten u. a. 1991, 378-381; Hillmer 1999, 9-10; Paysen 2007a, 96; Schirren 2008).

Die Meilerköhlerei beginnt mit der Anlage einer Kohlplatte. Hierzu wird ein kreisrunder Platz abgesteckt, von Holz, Steinen und Wurzelwerk befreit und eingeebnet. In bergigem Gelände wird für die Kohlplatte eine Terrasse im Hang angelegt (Hillebrecht 1982; Thommes 1998, 44-46; Nelle 2002, 197). Individuell unterschiedlich ist die Gestaltung der Brandfläche, sie kann als flache Mulde (Paysen 2007a, 96; Meyer 1997; Meyer 1997, 29), ebene Fläche (Thommes 1997, 42-43; DuHamel du Monceau 1782, 18) oder zur Mitte leicht ansteigend ausgeprägt sein (Thommes 1997, 42-43; Hillmer 1999, 9-10). Der Boden sollte trocken, locker und durchlässig sein, um die bei der Verkohlung entstehenden Destillate aufnehmen zu können und für eine gleichmäßige Belüftung des Meilers zu sorgen (Thommes 1997, 42-43). Weitere Standortbedingungen für eine Köhlerstelle sind der Zugang zu Wasser zum Ablöschen der Kohlen sowie eine windgeschützte Lage, um ein unkontrolliertes Abbrennen des Meilers zu vermeiden (Hillmer 1999, 9-10).

Aufgrund des ungleich geringeren Transportgewichtes ist bei der Meilerverkohlung eher von einem Holzkohlentransport zum Endverbraucher als von einem Kohlholztransport zur Meilerstelle auszugehen. Die Meilerstellen befanden sich somit aller Wahrscheinlichkeit nach direkt in den von den Köhlern genutzten Waldgebieten (vergl. Berg 1860, 9).

Als Holzcharge für einen stehenden Meiler kommt nahezu jedes Holz in Betracht, jedoch ist für einen gleichmäßigen Brand zu beachten, dass die Hölzer ähnliche Verkohleigenschaften haben sollten. So sollte Nadelholz nicht mit Laubholz in einem Meiler gemischt werden, ebenso wenig sollten hartes und weiches Laubholz gleichzeitig einer Verkohlung zugeführt werden (Berg 1860, 106; Hillmer 1999, 8). In einigen Werken zur Köhlerei wird die bevorzugte Verwendung von Jungwüchsen oder Stockholz hervorgehoben, da die Kohle von einer besonders guten Qualität sein soll und besonders die Stockhölzer schnell nachwachsen und einen vergleichsweise einheitlichen Durchmesser haben (Plinius nat. hist. lib. 16, 27; Carlowitz 1713, Radkau und Schäfer 1987, 127; Hillmer 1999, 9). Auch für die Köhlerei in Schleswig-Holstein wird die Nutzung von im Umtrieb gezogenen Weichhölzern zumindest für das ausgehende 19. Jahrhundert in Augenzeugenberichten beschrieben (Sievers 1959, 66).

Vor Aufschichtung des eigentlichen Meilers wird auf der Kohlplatte ein Rost oder Gebrück aus radialen Balken und darüber liegenden langen, dünnen Ästen errichtet. Dieses sorgt für einen gleichmäßigen Luftzug unter dem Meiler und wirkt einem eventuellen Einsinken des Meilers entgegen (Thommes 1997, 43). In der Mitte der Rostkonstruktion wird nun der Quandelschacht errichtet. Er dient zum späteren Anzünden des Meilers. Zum Errichten des Quandels gibt es ebenfalls verschiedene Verfahren. Bei einer Verwendung von krummem, knüppeligem Holz oder gespaltenen Scheiten werden kurze Holzscheite blockhausähnlich übereinander geschichtet, bei einer Verwendung von gerade gewachsenem Stockholz oder Nadelhölzern kann der Quandel durch einen einzelnen Pfahl gebildet werden, der vor dem Entzünden des Meilers herausgezogen wird und so einen Schacht zum Anzünden der Charge hinterlässt (Thommes 1997, 49-52, Du Hamel du Monceau 1762, 38, 45; Carlowitz 1713, 384; Sievers 1959, 67).

Die Meilercharge wird konzentrisch in zwei bis drei Stockwerken so eng wie möglich um den Quandel eingestellt, bis der Meiler eine gleichmäßige Kuppelgestalt annimmt. Das Kohlholz wird meist in drei bis dreieinhalb Fuß Länge zugerichtet, so dass jedes Stockwerk eine Höhe von etwa einem Meter erreicht (Du Hamel du Monceau 1762, 14). Der Meilerdurchmesser ist dadurch nahezu beliebig, die Meilerhöhe selten über etwa 3 m. Hölzer unter 10 cm Durchmesser können ungespalten als Kohlholz herhalten, dickere Stämme müssen vor dem Verkohlen gespalten werden, damit sie gleichmäßig verkohlen. Die einzelnen Scheite sollten auch in gespaltenem Zustand eine Breite von 35 cm nicht überschreiten, da ein unregelmäßiger Brand entstehen würde. Dickere Scheite sollten in die Mitte des Meilers gestellt werden, dünnere Scheite schließen die Lücken und bilden die äußeren Lagen des Meilers. Je trockener die Witterung ist, desto flacher muss das Holz eingestellt werden, damit die spätere Meilerabdeckung nicht abrutscht (Thommes 1997, 52-53).

Die Meilerabdeckung besteht aus zwei Schichten, dem Gründach und dem Erddach und bedeckt den ganzen Meiler mit Ausnahme der Quandelschachtöffnung in der Meilerspitze. Das Gründach ist eine Schicht aus organischem Material, die das Einsinken des Erddaches verhindert. Es kann je nach Verfügbarkeit aus Nadelholzzweigen, Moos, Farnkraut, Reisig oder Stroh bestehen. Das Erddach besteht meist aus Rasen-, Blaubeer- oder Heidekrautsoden sowie der Kohlerde oder Lösche (bzw. dem Gestübe) von vorangegangenen Meilerbränden. Mitunter sind die Soden so fest, dass auf ein Gründach verzichtet werden kann, die Rasenseite der Soden liegt in diesem Fall der Meilerinnenseite zugekehrt (Thommes 1997, 53-54). Ist ausreichend Lösche vorhanden, kann das Erddach auch allein aus der Lösche hergestelt werden. Plinius beschreibt alternativ eine Meilerabdeckung aus Lehm oder Ton (Plinius nat. hist. lib. 16, 29). Eine gut gepackte Meilerabdeckung verhindert, dass zu viel Sauerstoff in das Innere des Meilers vordringen kann, so dass keine vollständige Verbrennung des Holzes stattfindet, sondern Holzkohle entsteht.

Der Betrieb des Meilers beginnt mit dem Anzünden des Quandels. Auch hier gibt es verschiedene Traditionen, wie dieses geschehen kann. Eine Möglichkeit ist das Entzünden des Quandels von unten durch eine Zündgasse, wobei ein brennender Lappen an einer langen Stange in das Zentrum des Meilers geschoben wird und eine Reisigfüllung im Quandelschacht entzündet, die andere Möglichkeit ist das Auffüllen des Quandelschachtes mit Glut oder brennendem Holz (Carlowitz 1713, 385 und 388; Thommes 1997, 48-52). Bei beiden Varianten muss der Quandel über eine längere Zeit mit Brennholz befüllt werden, bis der Meiler sicher in Brand geraten ist. Erst jetzt kann auch der Quandelschacht abgedeckt werden. Ein sicheres Zeichen, dass die Verkohlung begonnen hat ist das sogenannte „Stoßen“ des Meilers: Durch die starke Erwärmung kommt es zu Holzgasverpuffungen, die bei einer zu kräftigen Meilerabdeckung zur Explosion des Meilers führen können (Thommes 1997, 59; Carlowitz 1713, 386). An der Spitze sowie am Fuß des Meilers werden einzelne Löcher – in der Köhlerei „Räume“, „Plätze“ oder „Zuglöcher“ genannt – eingestochen, mit denen das Feuer im Meiler reguliert werden kann. Die aus den oberen Räumen austretenden Abgase zeigen deutlich den Fortschritt der Verkohlung an. Zuerst ist der Rauch gelblich-weiß, es tritt vorrangig Wasserdampf aus, Teer kondensiert deutlich sichtbar an den Fasern des Gründaches. Eine zunehmende Blaufärbung der Abgase zeigt den Beginn der zweiten Verkohlungsphase an. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss mit einer deutlichen Sackung des Meilers gerechnet werden. Oft bricht der Meiler stellenweise an der windzugewandten Seite ein, da der Brand zu der Seite des zugeführten Sauerstoffs wandert (Sievers 1959, 67; Carlowitz 1713, 386-387). Wenn mit fortschreitendem Verlauf der Verkohlung die Abgase immer durchsichtiger werden, werden die Räume weiter nach unten verlagert, um das Feuer auch in die unteren Bereiche des Meilers zu ziehen (Thommes 1997, 57). Bei jeder Verlagerung der Zuglöcher wiederholt sich der Wechsel der Rauchfarben, der Meiler verkohlt von oben nach unten. Ziel dieses Vorgehens ist ein möglichst langsamer und kontrollierbarer Verkohlungsprozess entgegen der natürlichen Brandrichtung von unten nach oben. Während des ganzen Prozesses muss auf eine stetige Abdeckung des Meilers geachtet werden, um eine zu heftige Luftzufuhr zu unterbinden. Durch Sackungen entstandene Risse müssen so schnell wie möglich mit Lösche oder Soden bedeckt werden, größere Einbrüche müssen vorher oftmals noch mit Kleinholz aufgefüllt werden (Thommes 1997, 58; Carlowitz 1713, 387).

Nach einigen Tagen bis Wochen, abhängig von der Meilergröße und der Witterung, ist die Verkohlung abgeschlossen. Alle Räume werden nun geschlossen und der Meiler beginnt langsam auszukühlen. Der Meiler wird nun, da er ausgebrannt ist, Stück genannt, der Prozess des Auskühlens wird als Garen bezeichnet. Zur bessern Abdichtung wird die Meilerdecke oft noch mit Wasser besprengt und mit einem Holzhammer verdichtet. Teilweise rieselt die Erdabdeckung durch die verkohlten Reste des Gründaches und erstickt die Glut im inneren des Meilers (Berg 1860, 159). Der Meiler ist etwa auf die Hälfte des ursprünglichen Volumens zusammengeschrumpft (DuHamel du Monceau 1762, 29).

Das Ausnehmen der Holzkohle beginnt mit der Öffnung der Meilerabdeckung. Der Zeitpunkt, an dem dieses geschehen soll, wird nicht in allen Werken angegeben, Thommes (1997, 60) und Berg (1860, 160) beschreiben die Öffnung vor der Morgendämmerung, da in der Dunkelheit die in der Kohle bestehenden Glutnester weitaus besser als bei Tageslicht zu sehen sind. Nachdem die Abdeckung an einer Stelle des Meilers entfernt wurde, wird die Kohle mit einem Rechen, einer Forke oder einer Schaufel ausgezogen und zum Abkühlen ausgebreitet. Glutnester werden mit Wasser abgelöscht oder mit Lösche erstickt (Carlowitz 1713, 189 und 391, Klein 1836, 68-69). Ein zu zeitiges Aufhäufen oder Verpacken der Kohle kann zur Selbstentzündung führen, weshalb die Kohlen mindestens 12 Stunden auskühlen sollten. Zu kleinstückige Kohle verbleibt im Meiler und wird unter die Lösche gemischt (Thommmes 1997, 60-61).

Diese Form der Holzkohleherstellung hat sich bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nur wenig geändert, sowohl im Harz als auch in Franken und Mecklenburg gibt es noch gewerbsmäßig betriebene Köhlereien, die zumindest gelegentlich noch mit Standmeilern arbeiten (Meyer 1997). Die Effektivität eines stehenden Meilers variiert zwischen 12% und 30%, allerdings kann bei Laubhölzern eine Kohlenausbeute von 21% – 22% des eingestellten Holzgewichtes aufgrund vieler Experimente als Durchschnitt angegeben werden (Thommes 1997, 101-102; eigene Experimente in Kapitel 4.10).

Retortenköhlerei

Als viertes, auch schon seit dem späten Mittelalter betriebenes Verfahren, ist die Retortenköhlerei zu nennen. Hierbei wird die Verkohlung in einem meist gemauerten Behälter vorgenommen, der auf unterschiedliche Weise konstruiert werden kann. Der Vorteil dieses Verfahrens ist der vergleichsweise geringe Arbeitsaufwand, da die Meilerabdeckung nicht bei jedem Meilerbrand neu errichtet werden muss, der daraus resultierende Nachteil ist der teilweise weite Transportweg des Kohlholzes. Die Retortenköhlerei spielte aufgrund ihrer Standortbindung vor dem 19. Jahrhundert eine geringe Rolle, erst mit der Erfindung der beweglichen Retorte aus Stahlblechen wurde die Retortenköhlerei während des 20. Jahrhunderts zum vorrangig verwendeten Verfahren (Hillmer 1999). Im Mittelalter selbst wurde die Retorte für die Herstellung kleiner Kohlechargen im medizinischen oder alchemistischen Bereich verwendet. Sie findet gelegentliche Erwähnung in alchemistischen Werken (Johannsen 1941), der de la pyrotechnia von Biringuccio (1540) und der ars vitraria experimentalis von Kunckel (1679).

 

5.1.2 Archäologische Überlieferung von Meilerplätzen

Während Befunde von Grubenmeilern häufiger im Kontext ur- und frühgeschichtlicher Siedlungen oder Verhüttungsplätzen auftreten (Hingst 1974; Holsten u. a. 1991, 378-381), ist die archäologische Überlieferung von Platzmeilern vor allem aus dem Mittelgebirgsraum belegt (Jockenhövel und Willms 2005, 89; Ludemann 2008, 87). Hierfür gibt es mehrere Ursachen. Zum einen machte die oftmals starke Hangneigung dieser Regionen – damals wie heute – den Ackerbau oder eine sonstige landwirtschaftliche Nutzung schwierig, so dass sich ein Großteil der Landwirtschaft auf die Tallagen und das Flachland beschränkte. In den bewaldeten Bergregionen hingegen siedelten sich im Laufe des Hochmittelalters verschiedene Gewerke mit erhöhtem Holzverbrauch an und nutzten das Holz, welches sie in den dichter besiedelten Regionen nicht mehr in den benötigten Mengen vorfinden konnten. Da ein Großteil der Metall verarbeitenden Montanbetriebe nicht das Holz selbst, sondern Holzkohle verwendeten, finden sich in den Mittelgebirgen unzählige Meilerstellen unterschiedlichster Datierung, welche die Holzkohle zum Schmelzen der Bergerze lieferten (Hillebrecht 1982; Nelle 2002; Ludemann und Nelle 2002, Ludemann 1996). Zu dem weitaus größeren Holzkohlebedarf durch die aufkommende Metallindustrie, der die Anlage vielzähliger Meilerstellen nach sich zog, konnten sich die einstmals angelegten Meilerstellen gut als Bodendenkmal erhalten, da Meilerstellen des Mittelalters und der frühen Neuzeit bis heute nicht vom Ackerbau oder von sonstigen Geländeeingriffen überprägt wurden.

Ein weiterer Grund für die umfangreichere archäologische Dokumentation der Köhlerei in den Mittelgebirgen ist die deutliche Sichtbarkeit einer Meilerstelle in Hanglage. Da für den Meilerbetrieb eine ebene Fläche notwendig ist, war es an vielen Orten nötig, eine Terrasse anzulegen, auf der der Meiler stehen konnte (vergl. Carlowitz 1713, 383; Thommes 1997, 66-72). Diese Terrassen zeichnen sich deutlich in den Hängen ab, so dass eine Meilerstelle durch eine Oberflächenprospektion oder Laserscanauswertung vergleichsweise leicht entdeckt werden kann (Jockenhövel und Willms 2005, 89; Thommes 1997, 64; T. Ludemann, mündliche Mitteilung September 2008). An verschiedenen Meilerstellen im Harz (Hillebrecht 1982), im Bayerischen Wald (Nelle 2002; Rüther und Nelle 2006) und im Schwarzwald (Ludemann und Nelle 2002) wurden bereits anthrakologische Untersuchungen durchgeführt, so dass aus diesen Regionen bereits erste Aussagen über die langfristige Auswirkung der Köhlerei auf den Waldbestand getroffen werden können.

Im Flachland sind die archäologischen Überlieferungsbedingungen deutlich schlechter als in den Mittelgebirgsregionen. Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass der Bedarf an Holzkohle nicht so groß war wie in den Montangebieten, so dass insgesamt weniger Meilerstellen vorhanden sind, zum anderen wurden durch die weitgehende landwirtschaftliche Nutzung der Norddeutschen Tiefebene viele Meilerstellen in ehemaligen Waldgebieten zerstört. Trotzdem sind einige Fundkomplexe bekannt, auf denen sich mehrere Meilerstellen befinden. Zu nennen seien über 300 Meilerstellen in der Wietzeniederung bei Isernhagen

(Kreis Burgdorf, Niedersachsen) (Schulz 1972; 1973), eine Gruppe von drei Meilern bei Hintersee (Kreis Uecker-Radow, Mecklenburg-Vorpommern; Schirren 2007) sowie einige hundert Kohlenmeiler, die im Zuge des Braunkohletagebaus bei Peitz und Jänschwalde (SpreeNeiße Kreis, Brandenburg; Lipsdorf 2000; Rösler 2008) archäologisch untersucht wurden. Ähnlich wie in den Mittelgebirgsregionen kann bei den großen Meileransammlungen ein industrieller Kontext angenommen werden.

Die Meilerstellen in der Wietzeniederung sind im Rahmen der Ausgrabung der ebenfalls dort vorhandenen Eisenverhüttungsanlagen untersucht worden. Die Eisenverhüttungsanlagen wurden anhand der auftretenden Keramik in das 13. bis 16. Jahrhundert datiert, für die Meilerstellen wurde ein ähnliches Alter angenommen. Naturwissenschaftliche Datierungen sind nicht durchgeführt worden (Schulz 1972; 1973; Zeidler 1972). Durch die großflächige Störung des Oberbodens, bedingt durch ackerbauliche Maßnahmen konnte die Größe und die Befundsituation der Holzkohlenmeiler nicht eindeutig bestimmt werden, sie zeichnen sich nur als holzkohlereiche Linsen von mehreren Metern Durchmesser im Boden ab. Durch H. Zeidler (1972) wurden neben zwei Eisenverhüttungsplätzen 25 Meilerstellen anthrakologisch untersucht. Die Größe der Meilerstellen variierte meist zwischen 3-6 m, selten über 11-15 m (Schulz 1972, 313 und 319). Es wurden 490 Holzkohlestücke analysiert, die einzelnen nachgewiesenen Arten hatten unterschiedliche Anteile an der Gesamtverteilung. So entfielen 23% auf die Birke (Betula), 20% auf Erle (Alnus), 14% auf Hasel (Corylus), 12% auf Hainbuche (Carpinus), 12% auf Eiche (Quercus), 4% auf Kiefer (Pinus), 4% auf Weide (Salix), 4% auf Pappel (Populus), 2% auf Ulme (Ulmus) und jeweils etwa 1% auf Esche (Fraxinus), Linde (Tilia), Vogelbeere (Sorbus), Ahorn (Acer) und Kreuzdorn (Rhamnus). Zeidler interpretiert diese Waldzusammensetzung als feuchten, stark durch den Einfluss der Eisenverhüttung aufgelichteten Wald, der den Bruchbereich und die etwas trockeneren, sandigen Lagen beidseits des Wietzegrundes bedeckte. Holztransporte über weitere Strecken sind nicht anzunehmen.

Die vermutlich neuzeitlichen Meilerstellen im Spree-Neiße Kreis (Brandenburg) stehen aller Wahrscheinlichkeit nach in Verbindung mit dem nahe gelegenen Eisenhüttenwerk Peitz. Das Werk produzierte vom 16. Jahrhundert bis 1858 Eisen auf der Basis von Holzkohle. Aufgrund des Braunkohletagebaus in der Region Jänschwalde wurden im Vorfeld größere Flächen offen gelegt und archäologisch untersucht. Von über 200 registrierten Meilerstellen wurden 107 näher untersucht. Die Meiler zeichneten sich im hellen Sandboden als kreisförmige bis ovale, mit Kohle gefüllte Gräben von Durchmessern zwischen 3 m und über 20 m ab. Im Profil ist zu erkennen, dass es sich um Platzmeiler handelt, bei denen die Kohlplatte zur Mitte hin leicht ansteigt (Rösler 2008). Die räumliche Dichte sowie die Größe der meisten bislang untersuchten Meilerstellen von meist 8 m und mehr machen eine vorwiegend industrielle Nutzung wahrscheinlich. Vermutlich sind ganze Waldstriche zur Köhlerei freigegeben worden, da sich die Verbreitung der Meilerstellen in einigen Gebieten streng nach den bestehenden Flur- und Gemeindegrenzen richtet (Lipsdorf 2000, 215, vergl. Abb. 20).

Während einige im Wald befindliche Meilerstellen obertägig als flach gewölbte Hügel zu erkennen waren, waren freiliegende Meilerstellen teils von meterhohen Sanddünen überlagert und wurden nur aufgrund der großflächigen Erdarbeiten entdeckt. An einem Holzkohlestück aus einem der überdeckten Meiler ließ sich das dendrochronologische Datum 1850 gewinnen, womit die industrielle Bedeutung der Holzkohle bis in die Industrielle Revolution hinein deutlich wird. Die Befundsituation spricht dafür, dass es durch die übermäßige Waldnutzung zur Versorgung der Eisenhütte Peitz zur Entwaldung und zu Sandverwehungen kam, welche die geöffneten Flächen überdeckten. Nur in Gebieten mit noch bestehender Waldbedeckung blieb die ehemalige Bodenoberfläche konstant, so dass die Meilerbefunde obertägig sichtbar blieben. Bei einigen Meilerstellen in unmittelbarer Nähe der Ortschaft Horno konnten in und neben den Meilerstellen die Befunde von Gruben und Rinnen dokumentiert werden (Lipsdorf 2000, 219-220). Während die Gruben innerhalb der Meilerstelle als Standloch für den Quandelpfahl interpretiert werden, könnten die Gräben und Gruben außerhalb der Meilerstelle Belüftungskanäle oder Einrichtungen zur Teergewinnung gewesen sein. Die schon an früherer Stelle zitierten Werke zur Köhlerei in stehenden Meilern geben jedoch keinen Hinweis auf die Funktionsweise solcher Einrichtungen.

Meilerstellen Peitz

Abb. 20: Meilerstellen beim Eisenhüttenwerk Peitz in Brandenburg (Karte nach Rösler 2008 ergänzt durch Lipsdorf 2000, 215)

Außer dem erwähnten dendrochronologischen Datum gibt es kaum archäologische Hinweise auf die Datierung der Meilerstellen. Einer der Meiler bei Horno wird von einem vermutlich mittelalterlichen Pflughorizont gestört, so dass insgesamt von einer mittelalterlichen bis neuzeitlichen Nutzung auszugehen ist. Anthrakologische Untersuchungen an der Holzkohle so wie Radiokarbondatierungen wurden nicht durchgeführt, so dass wenig über die Datierungen der einzelnen Meilerstellen beziehungsweise über die Auswirkungen der Köhlerei auf die Vegetationszusammensetzung im Zuge der Eisenverhüttung in Peitz ausgesagt werden kann. Allein aus historischer Überlieferung ist bekannt, dass die ehemaligen Eichenwälder der Peitzer Heide um etwa 1600 einem Kiefernbestand wichen (Lipsdorf 2000, 221).

In Schleswig-Holstein sind bis in die jüngste Vergangenheit so gut wie keine Meilerstellen bekannt gewesen. Neben einer Erwähnung in der unpublizierten Landesaufnahme im archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein brachten erst die Forschungen von V. Arnold (2006) im Riesewohld (Kreis Dithmarschen) und Y. Ehlers (2006) im Raum Bargstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) erste Relikte der Köhlerei in den Fokus archäologisch-botanischer Untersuchungen. Es fanden keine Ausgrabungen statt, wohl aber detaillierte anthrakologische Untersuchung anhand des Holzkohlematerials im Boden.

Im Riesewohld (Kreis Dithmarschen) sind zwei Bereiche bekannt, in denen Köhlerei ausgeübt wurde. Drei als Standmeiler anzusprechende Meilerplätze befinden sich in dem zu Odderade gehörigen Flurstück Höll. Die Stelle liegt nahe dem Waldrand an einem feuchten Erlenwald, weiter im Waldesinneren dominieren zunehmend Buchen und Hainbuchen den Bestand. Jede der etwa 9 m durchmessenden Kohlplatten ist von einem leichten Wall umgeben, in den Wällen und den ehemaligen Meilerflächen findet sich vielfach Holzkohle. Zur zeitlichen Einordnung wurde eine Radiocarbondatierung durchgeführt, die auf eine Betriebszeit während des neuzeitlichen Kalibrierungsplateaus hindeutet, also eine Datierung von 1700 bis ca. 1950 in Frage kommt. Eine der Meilerstellen wird allerdings durch einen Knick gestört, so dass die Anlage der Meilerstellen vor 1800 anzunehmen ist (mündliche Mitteilung V. Arnold, Oktober 2006).

Aus allen drei Meilerstellen wurden Holzkohleproben entnommen und auf ihre Holzart hin analysiert. Die Holzkohlezusammensetzungen gleichen sich derartig, dass die Meilerstellen im Flurstück Höll zusammenfassend dargestellt werden können (vergl. Kapitel 6.2.3). Von den 139 untersuchten Holzkohlestücken nahm die Erle den größten Anteil für sich ein, des Weiteren finden sich Hainbuche, Hasel, Weide, Pappel und Eiche unter den genutzten Holzarten. Laut der Analyse von Arnold (2006) bilden auch die Waldweidezeiger Schlehe und Weißdorn einen deutlichen Anteil der Holzartenzusammensetzung. Aus Schlämmproben konnten Holzkohlen von Heideästchen geborgen werden, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Meilerabdeckung stammen. Alles deutet darauf hin, dass das Holz der direkten Umgebung zum Betrieb der Meilerstellen herangezogen wurde. Viele der älteren umstehenden Bäume zeigen noch Spuren der einstigen Niederwaldwirtschaft, sie verzweigen sich im Stamm knapp über der Erdoberfläche.

Der andere Bereich des Riesewohldes, in dem eine Köhlereitätigkeit archäologisch nachweisbar ist, befindet sich, ebenfalls in der Gemarkung von Odderade, auf dem Flurstück „Kahlbüth“ (Kohlenbeute). Mindestens zwei Meilerstellen zeichnen sich als Gruben von etwa einem halben Meter Tiefe und 6-7 m Durchmesser im Waldboden ab. Eine Meilerstelle (Kahlbüth

süd) wurde durch Arnold (2006) beprobt, die andere (Kahlbüth nord) im Rahmen dieser Arbeit archäologisch untersucht (vergl. Kapitel 6.2.2.). Die Holzkohlezusammensetzung ähnelte den Meilern im Flurstück Höll, auch wenn die Hasel in der Probe Kahlbüth süd deutlich dominanter ist.

5.1.3 Schriftquellen und Flurnamen

Ab dem späten Mittelalter gibt es aus Schleswig-Holstein einzelne schriftliche Zeugnisse zur Holzkohleherstellung. Meist handelt es sich um Einträge in Rechnungsbüchern von Klöstern, Amtshäusern oder Herrensitzen, in denen die als Fronabgabe geforderten Mengen von Holzkohle verzeichnet wurden. Auch wenn die Aufzeichnungen sicherlich lückenhaft sind, wird deutlich, dass es sich bei der Köhlerei um ein häufiges, jedoch selten um ein professionelles Gewerbe handelte, welches meist von Bauern als Nebengewerbe betrieben wurde.

Die älteste Angabe zur Köhlerei in Schleswig-Holstein allgemein stammt aus dem Raum Ahrensbök (Kreis Ostholstein) und datiert auf 1380. In der Quelle wird zwei Köhlern die Nutzung eines Holzschlages bei Tankenrade (Kreis Ostholstein) zugesagt (SHRU 6, Q. 320, S. 220; UBSL 4, 1873, Q. CCCLXXVIII, S. 417). Aus den Regesten ist ebenfalls ersichtlich, dass auch im 15. und 16. Jahrhundert im Verwaltungsbereich des Klosters mehrere Bauern Köhlerei betrieben haben, wobei aufgrund der Nennung verschiedener Flurnamen von einer vorwiegenden Nutzung von Hainbuchenniederwäldern auszugehen ist (SHRU 1998, Bd. 10, 187-188, 347; vergl. Kapitel 6.3.4). In der Region um Ahrensbök können aus dem betreffenden Zeitraum zwei Köhlerstellen archäologisch nachgewiesen werden (vergl. Kapitel 6.3.2).

Der älteste Beleg für eine auch quantitativ näher bezeichnete Kohlelieferung stammt aus dem Zinsbuch des Bischofs von Schleswig (Lib. Cens. Ep. Sles.) aus dem Jahr 1462. Von der Villa Jersmark in der Treeneniederung (Jerrisbek, Kreis Schleswig-Flensburg) ist hier eine Lieferung von „28 Last carbonum“ (ca. 56 t) verzeichnet (Mager 1930, 97). Auch die Bauern der ebenfalls in der Treeneniederung gelegenen Ortschaften Hollingstedt und Ellingstedt brachten in diesem Zeitraum Kohle nach Schleswig (Mager 1930, 190), wenig später, im 16. Jahrhundert, sind außerdem Holzkohlelieferungen aus den nahe gelegenen Ortschaften Espertoft und Hüning belegt. Jeder abgabepflichtige Bauer musste 24 Tonnen (gemeint sind mit Holzkohle gefüllte Fässer, ca. 5 metrische t) Holzkohle an das Amtshaus in Schwabstedt liefern. Die Vogtei Treia in der Treeneniederung im Amt Schwabstedt (heute in den Kreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg) mit den angegliederten Dörfern Ipland, Espertoft, Grüft und Goosholz lieferte im 16. Jahrhundert ebenfalls beachtliche Mengen Holzkohle nach Schleswig. Für 1509 sind 336 Tonnen (ca. 14 t), für 1558 264 Tonnen (ca. 11 t) und für 1589 20 Lasten (26-40 t) im Amtsbuch des Schleswiger Bischofs vermerkt. Pro Hufe entfielen

2-3 Lasten (vermutlich 2 Wagenladungen a ca. 600-700 kg Holzkohle je Last, vergl. Kröger 1990) Kohle als zu leistende Abgabe. Aus diesen Aufzeichnungen können Transportwege von maximal 7 km von den Meilerstellen zur Vogtei, und darauf 15 km von der Vogtei bis zum Verbrauchsort in Schloss Gottorf rekonstruiert werden (Mager 1930, 123).

Im 17. Jahrhundert kommt es zur Ausweisung des zum Verkohlen tauglichen Holzes, außerdem wird in Teilen statt der noch im 16. Jahrhundert geforderten Holzkohlemenge nun alternativ auch eine Geldabgabe eingezogen (Mager 1930, 190). In Gegenden, wo nach wie vor genug Holz für die Holzkohleproduktion vorhanden ist, wird weiterhin Holzkohle als Abgabe, teils in beachtlichen Mengen produziert:

Im Jahr 1604 lieferten 10 Hufner aus Silberstedt (Kreis Schleswig-Flensburg) 340 Fuder (ca. 200-230 t) Holzkohle nach Gottorf (Mager 1930, 123). In Jübeck (Kreis SchleswigFlensburg) zahlten die Bauern jährlich Geld für das Recht, Kohle zu brennen und damit zu handeln (Mager 1930, 122).

Aus der Aufstellung der Kohlelieferungen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert wird ersichtlich, dass die Wälder der Treeneniederung über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten intensiv zur Holzkohleproduktion genutzt wurden und stetig an Fläche verloren. Aus den Mejerschen Landkarten in der Landesbeschreibung Danckwerths (1652) geht hervor, dass am Ostufer der Treene bis nach Silberstedt noch größere Waldgebiete zur Verfügung standen, doch um den Ort Jübeck sowie in weiten Teilen der Arensharde (Kreis Schleswig-Flensburg) bereits weite Heideflächen das Schwinden der Wälder anzeigen. Um 1800 ist die Treeneniederung weitgehend entwaldet (du Plath 1804-1805), um 1850 ist allein ein schmaler Waldstreifen westlich von Silberstedt in der Karte verzeichnet (Geerz 1850).

Von einer ähnlich intensiven Holzkohleproduktion muss im Raum Bargstedt und Nortorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) ausgegangen werden. Um 1589 ist in den Amtsrechnungen des Kirchspieles Nortorf vermerkt, dass „ …in seiner Majestät Wald sind 878 Last (ca. 2100 t) Kohlen gebrannt…“ wurden (Rohwer 1996, 147).

Gemeint ist mit Sicherheit das heutige Holtdorfer Gehege, welches in der Varendorfschen Karte als großflächiger herrschaftlicher Wald gekennzeichnet ist, und in dem eine Köhlerei mit mehreren Meilerstellen nachgewiesen werden konnte (vergl. Kapitel 6.1). Auch im 18. und 19. Jahrhundert ist in den Flurkarten des Ortes Bargstedt am Ostrand des Holtdorfer Geheges eine Meilerstelle eingezeichnet, ebenso eine Köhlerei im Nordosten des Ortes Bargstedt. Die in den Flurkarten verzeichneten Meilerstellen wurden von Y. Ehlers (2006) lokalisiert, beprobt und ausgewertet. Neben den konkret als Meilerstellen gekennzeichneten Plätzen sind in den Flurkarten weitere Flurnamen verzeichnet, die ebenfalls auf eine Köhlerei- oder Hüttentätigkeit hindeuten.

Eine nicht näher spezifizierte Köhlereitätigkeit kann in den Hüttener Bergen vermutet werden. Die Bauern der Hüttener Harde (im Kreis Rendsburg- Eckerförde) haben seit „ehedem die Freiheit genossen vom wintfallen Holt Kohlen zu brennen…“ im Jahr 1680 soll

die ganze Ortschaft Brekendorf (in den Hüttener Bergen) allein vom Kohlebrennen gelebt haben (Mager 1930, 190).

Eine ähnliche Köhlereitradition wie in der Treeneniederung oder in den Hüttener Bergen ist vom 16. bis zum 18. Jahrhundert im Kirchspiel Kaltenkirchen (Kreis Segeberg) nachzuweisen (Pöhls 1968, 198; Brämer 2001). Besonders im späten 18. Jahrhundert mehren sich die Beschwerden über seit längerem anhaltende Waldzerstörungen durch zum Teil illegale Köhlerei durch die bäuerliche Bevölkerung. Im Amt Segeberg hat die Köhlerei derart bedenkliche Ausmaße angenommen, dass aller Wald verwüstet wird (Anonymus 1795).

Neben den Hinweisen auf ganze Köhlereiregionen gibt es immer wieder Hinweise auf einzelne, kleine Köhlereien, die zum Teil auf Honorarbasis betrieben wurden (Rohwer 1996, 147-149; Sievers 1959; Brämer 2001). Für das Jahr 1683 zum Beispiel ist in den Plöner Amtsrechnungen verzeichnet, dass ein Köhler für das Herstellen der Holzkohle aus 90 Buchen im Waldstück Griepen (heute vermutlich das Waldstück Grippen) bei Stocksee (Kreis Plön) pro Tag zwölf Schilling als Lohn erhielt (Pöhls 1968, 198). Leider ist von diesen Köhlereien meist nicht bekannt, wo genau sie ihre Holzkohle hergestellt haben, so dass von einem weiteren Verfolgen dieser Hinweise abgesehen wurde. Deutlich wird jedoch auch hier, dass die Köhlerei oftmals von Kleinbauern zur Aufbesserung ihres Einkommens ausgeübt wurde.

Weitaus häufiger als durch archäologische oder historische Überlieferung finden sich Hinweise auf Köhlereitätigkeit in Form von Flurnamen. Offensichtliche Hinweise auf ehemalige Köhlereitätigkeit enthalten Flurnamen mit Wortbestandteilen wie Miel, Millern (Meiler), Col, Kahl, Kohl, Käh, Köhl (Kohle) und Kahlen, Kählen, Kolling, Köhlen, Kölling (Bezeichnung der Köhlereitätigkeit). Weniger eindeutig, allerdings nicht weniger häufig sind Flurnamen, die mit etwas Phantasie mit der Köhlerei in Verbindung gebracht werden können. Hierzu gehören Namensbestandteile wie Hölle oder Höllen, Brand, Brann, Haye (Einteilung eines Niederwaldschlages) sowie Borstel (evtl. als „Brandstelle“ zu deuten) (Mager 1930, 188-189; Wegener 1956, 227-228; Pöhls 1968). In vielen Flurstücken mit den genannten Namensbestandteilen ist Köhlerei archäologisch oder archivarisch belegbar (Mager 1930, 116123; Nelle 2002, 240, 248; Pöhls 1968, 199-200; Dornbusch 1990), so auch bei den Meilern im Riesewohld (Flurnamen Höll und Kahlbüth), dem Waldstück Köhlen in der Gemeinde Pronsdorf (Kreis Segeberg) und den Köhlereien in der Region zwischen Silberstedt und Treia (Kreis Schleswig-Flensburg), wo das noch bestehende Waldstück den Namen Rumbrand trägt.

Durch die neben anderen holzintensiven Wirtschaftsformen weit verbreitete Köhlerei zeichnet sich in vielen Regionen ein Schwinden der Holzreserven ab. Bestätigt wird diese Annahme durch eine Verringerung der Holzkohleabgaben an die Landesherrschaft und gesetzliche Regulierungen zum Brenn- und Kohlholzgebrauch. Die erste Schleswiger Hochfürstliche Holzverordnung von 1681 enthält bereits diesbezügliche Anweisungen. Hier wird festgelegt, welches Holz zum Kohlen brauchbar ist oder welches Holz besser als Bauholz

Verwendung finden sollte: „wenn an unsere Hofstadt Kohlen müssen gebrannt werden, so soll zu solchem kein anders als untaugbares, insbesonderheit weiches Holz von Ellern imgleichen alte ausgegangene Eich-Bäume, Äste und dergleichen genommen werden“ (Mager 1930, 188, vergl. Anhang 11.3.1).

Unabhängig von konkreten ortsgebundenen Angaben über die Köhlerei gibt es eine besonders reichhaltige historische Literatur aus der frühen Neuzeit bezüglich der verwendeten Köhlereitechniken. Nach der sehr allgemeinen Darstellungen der Meilerköhlerei bei Theophrast (Zitiert in F.-J. Ernst 1966, 13) als auch Plinius d. Ä. (nat. hist. lib. 16, 27-29) sind bis heute keine historischen Darstellungen oder Beschreibungen der Köhlerei aus dem Mittelalter bekannt. Erst bei Biringuccio (1540, 206-214) werden sowohl die Techniken der Grubenverkohlung als auch die der Verkohlung in stehenden Meilern dargestellt. Weitere Angaben zur Köhlereitechnik, zum Teil mit Angaben zur Erzielung besonders guter Kohlequalitäten bei gleichzeitigem Einsparen von Kohlholz, werden ab dem beginnenden 18. Jahrhundert vielfach publiziert ( Florinus 1705; Carlowitz 1713; DuHamel du Monceau 1762; Zanger 1773; af Uhr 1820; Klein 1836; Berg 1860; Endres 1888). Durch die detaillierten Beschreibungen ist das generelle Vorgehen beim Köhlereiprozess ebenso gut nachvollziehbar wie die teils regionalen Besonderheiten im Köhlereibetrieb.

Schon bei Biringuccio (1540, 209) wird erwähnt, dass nahezu jede Holzart zum Kohlenbrennen tauglich ist, jedoch in der erzeugten Holzkohle starke Unterschiede bestehen und nicht jede Kohle zu jedem Zweck verwendet werden sollte. Er bedauert, dass allein der Mangel an geeigneten Hölzern viele Köhler dazu zwingt, weniger brauchbare Holzarten zu verwenden, um den Bedarf an Holzkohle zu decken, auch wenn dabei viel Holz verschwendet wird.

Hannß Carl von Carlowitz (1713) beschreibt in seiner Silvicultura oeconomica vorrangig die Anlage von Niederwäldern zur nachhaltigen Brennholzzucht für den Bergbaubetrieb, jedoch widmet er ein ganzes Kapitel dem Köhlereibetrieb, um auf die Gefahr unnötigen Holzverbrauches bei schlechten Köhlereitechniken hinzuweisen.

Besonders ausführlich gestalten sich die Ausführungen zur Köhlereitechnik in den Werken von Henry Louis DuHamel du Monceau (1756), übersetzt aus dem Französischen, Carl David af Uhr (1820), übersetzt aus dem Schwedischen, und Carl Heinrich Edmund Freiherr von Berg (1860). Allen Werken ist ebenso wie der Silvicultura oeconomica gemein, dass sie geschrieben wurden, um einen möglichst effizienten Umgang mit dem stets knappen Kohlholz zu lehren. Wie aus den Untertiteln und Vorworten der Publikationen schon ersichtlich ist, richten sich die Ausführungen nicht nur an berufsmäßige Köhler, sondern ebenso an Forstbedienstete, Hüttenleute, Landwirte und andere Berufsgruppen, die mit Holzkohle umgehen und gegebenenfalls selber Köhlerei als Nebengewerbe betrieben. Neben den äußerst detaillierten Darstellungen der verschiedenen Köhlereitechniken ist auch hierin ein eindeutiger Hinweis darauf zu sehen, dass die Köhlerei in vielen Fällen als Nebengewerbe ohne zwingende Berufsausbildung ausgeübt wurde.

5.1.4 Experimente

Als älteste wissenschaftliche Experimente, die zur Ermittlung der Effektivität verschiedener Vcrkohlungsverfahrcn dienten, müssen die Untersuchungen von C. D. af Uhr (1820) gelten. Seitdem wurde durch zahlreiche Experimente die Effektivität verschiedener Verkohlungsverfahren vielfach erneut ermittelt, so dass eine breite Quellenbasis zur Ermittlung der Verkohlungseffektivität bei verschiedensten Voraussetzungen vorhanden ist. P. Thommes (1997, 100-101) stellte einen Großteil der bis 1997 erfolgten Köhlereiexperimente zusammen, ebenfalls um den Holzverbrauch dieses Gewerbes abschätzen zu können. Er ermittelte aus den jeweils verfügbaren Angaben der einzelnen Experimente die Effektivität der verschiedenen Verkohlungsverfahren, ausgedrückt als gewonnenes Kohlengewicht in Relation zum verwendeten Holzgewicht.

Den vorliegenden Experimenten zufolge ist die Effektivität von stehenden Meilern, wie sie für die spätmittelalterliche Hol/.kohleherstellung anzunehmen ist, zwischen 20% und 25% anzusetzen, wobei durchaus weniger effektive Verkohlungsexperimente durchgeführt worden sind. Grundsätzlich ist die Verkohlungseffektivität von Mulden- oder Grubenmeilern mit meist unter 20% etwas geringer.

Weitere Köhlereiexperimente wurden von H. Holsten u. a. (1991) durchgeführt. Vorrangiges Ziel der Versuche war die Ermittlung der Effektivität verschiedener Köhlereiverfahren. Im Laufe der Versuchsreihe wurden zwei Platzmeiler und drei Grubenmeiler betrieben. Die Platzmeiler waren im Vergleich zu den archäologisch nachweisbaren Meilerstellen mit 1 m beziehungsweise 2 m sehr klein. Im größeren der beiden Meiler wurden 675 kg Buchenholz zu 144 kg Holzkohle gebrannt, was einer Effektivität von 21,3% entspricht. Ein deutlich geringerer Wirkungsgrad (8,9%) wurde in dem kleineren Meiler erreicht, wo 415 kg Holz zu 37 kg Holzkohle verkohlt wurden. In beiden Versuchen war der Anteil des angekohlten Holzes mit 21,5% beziehungsweise 60,7% sehr hoch, so dass bei beiden Meilern von einer nur unvollständigen Verkohlung gesprochen werden kann.

Die Grubenmeiler wurden in 60 cm tiefen Gruben mit Größen zwischen 1 m x 70 cm und 1,8 m x 1,4 m errichtet.

In die erste Grube wurden insgesamt 131 kg Buchenholz eingestapelt und mittels glühender Holzkohle entzündet. Die Grube wurde mit Soden abgedeckt.

Nach knapp 24 Stunden konnten 23,5 kg Holzkohle (17,9% des Holzgewichtes) dem Grubenmeiler entnommen werden. Die Effektivitäten der beiden anderen Meiler betrugen 12,1% und 24,4%. Die bislang aufgeführten Experimente zu den verschiedenen Köhlereiverfahren zeigen, dass es grundsätzlich sowohl mit Standmeilern als auch mit Grubenmeilern möglich ist, eine hohe Effektivität zu erreichen. Die Steuerung eines Grubenmeilers gestaltet sich allerdings ungleich schwieriger, so dass eine hohe Effektivität mehr dem Zufall überlassen scheint. Deutlich besser zu steuern sind stehende Meiler, bei denen an jeder beliebigen Stelle gezielt Luft zugegeben werden kann.

Experimente mit vollkommen anderer Fragestellung wurden durch O. Nelle (2002, 212227) durchgeführt. Die Kernfragestellung seiner Untersuchung beinhaltete nicht die Effektivität der Köhlerei, sondern die Nachweismöglichkeit der verwendeten Holzdurchmesser. Grundsätzliches Prinzip der Experimente war die Vermessung des Kohlholzes des jährlich betriebenen Waldmünchner Meilers (Oberpfalz) und die nachfolgende Analyse von Löscheproben und produzierter Holzkohle. Es zeigte sich, dass die Durchmesserspektren des Kohlholzes und die ermittelten mittleren Durchmesser denen in der analysierten Holzkohle weitgehend entsprechen, also grundsätzlich eine Vergleichbarkeit von Holzkohle und Meilercharge besteht. Im Kontrast zu den Meilerversuchen wurden außerdem offene Feuer abgebrannt, wobei das Feuerholz und die Rückstände in der Feuerstelle auf ähnliche Art und Weise verglichen wurden. Die Vergleichbarkeit der Proben ist nicht so eindeutig wie bei den Meilerversuchen, aber immer noch deutlich genug, um aus der Holzkohleprobe Hinweise auf die Zusammensetzung des Feuerholzes zu erhalten. Durch diese Experimente konnte der theoretische Ansatz, dass sich die Holzcharge eines Meilers oder einer beliebigen anderen Feuerstelle in den Verbrennungsrückständen widerspiegelt, eindeutig belegt werden. Die Experimente von Nelle (2002) sind somit auch wesentliche Grundlage der Methode dieser Arbeit (vergl. Kapitel 2.4 und Kapitel 4).

5.1.5 Rekonstruierter Holzverbrauch

Den Holzverbrauch in der Holzkohleherstellung für ein Land wie Schleswig-Holstein für eine gegebene Zeit zu rekonstruieren ist aufgrund der Quellenlage unmöglich, dafür ist zu wenig über die Ausbreitung dieses Gewerkes bekannt. Die Vielzahl der in anderen Regionen entdeckten Meilerstellen, die ausführliche Behandlung der Köhlerei in Forsthandbüchern und die häufige Nennung der Köhlereitätigkeit im bäuerlichen wie im industriellen Kontext verdeutlichen, dass die Köhlerei als äußerst häufiger, jedoch in Schleswig-Holstein archäologisch nur schwer fassbarer Industriezweig gelten muss.

In seltenen Fällen wie in den Dörfern der Umgebung Treia finden sich historische Aufzeichnungen zu im Rahmen der Spann- und Fuhrdienste abgelieferten Holzkohlemengen, doch muss unklar bleiben, wie viel Holzkohle außerhalb der Lieferungen für den privaten Verkauf oder Eigenbedarf hergestellt wurde. Oftmals sind die Überlieferungen auch nur unvollständig erhalten, so dass lediglich ein schlaglichtartiger Einblick in einzelne Jahrgänge gewährt wird (Mager 1930, 122123, Kröger 1990). Angaben über die jährlich verwendete Menge Holz finden sich in historischen Akten nicht, so dass aus der historischen Literatur wenig über die produzierte Kohlenmenge oder die erreichte Effektivität der spätmittelalterlichen Köhlereien gesagt werden kann.

Die Experimente im Rahmen dieser Arbeit (Kapitel 4) sowie die zitierten Experimente von Thommes (1987, 102-104), die Experimente von Holsten u. a. (1991) sowie die Angaben bei Pott und Speier (1993) tragen dazu bei, die Effektivität von historischen Meilerstellen abzuschätzen. Im Mittel kann von einer Kohlenausbeute von 20% bis 25% ausgegangen werden, so dass ein Gewichtsanteil Holzkohle der vier bis fünffachen Gewichtsmenge Holz äquivalent ist. Bei einem solchen Wirkungsgrad wird möglichst wenig Holz für die Erzeugung der benötigten Wärmeenergie verbrannt. Bei Mantel (1990, 215-216) sind weitaus ungünstigere Wirkungsgrade von 12,5% und 10% angegeben. Grundsätzlich hängt der Wirkungsgrad der Verkohlung zum einen von der Geschicklichkeit des Köhlers, zum andern aber auch stark von den verwendeten Holzarten ab (Ludemann und Nelle 2002, 18-19). Mit Nadelhölzern kann im Mittel ein etwas höherer Wirkungsgrad erreicht werden als mit Laubhölzern (Meyer 1997, 44). Leider ist der meist in der Literatur zu findende Wirkungsgrad, bei dem Holzgewicht und das aus ihm gewonnene Kohlengewicht in Beziehung gesetzt werden, wenig für historisch relevante Modellierungen geeignet (eine Ausnahme bildet Klein 1836, der verschiedenste Raum- und Gewichtsrelationen angibt). Der Grund hierfür ist die sehr variable Dichte eines Holzes, abhängig von Wachstumsbedingungen und Wassergehalt. Bei einem Darrgewicht um 0,7 t/m3 welches für die zur Köhlerei häufig verwendeten Holzarten Buche, Hainbuche, Eiche und Hasel ein akzeptabler Richtwert ist, entspräche ein Festmeter Holz mit 700 kg Gewicht etwa 1,67 Raummetern und lieferte bei einem Wirkungsgrad von 20% bis 25% 140 bis 175 kg Holzkohle. Meist ist jedoch unklar, welchen Wassergehalt und welches Gewicht das Holz zu Beginn der jeweiligen Untersuchung hatte, Darrtrockenheit kann allerdings in den seltensten Fällen vorausgesetzt werden. Für historische Modellierungen, bei denen die Größe einer Meilerstelle bekannt ist, gestaltet sich eine Beziehung zwischen (rekonstruierter) Raumgröße des Meilers (siehe unten) und gewonnenem Kohlengewicht als praktikabler. Laut Mantel (1990, 215-216) sind 0,6 bis 1,4 Festmeter oder 1 bis 2,3 Raummeter Holz notwendig, um 100 kg Holzkohle herzustellen. Die Experimente im Rahmen dieser Arbeit lassen einen Richtwert von einem Raummeter Holz für die Herstellung von 100 kg Kohle als realistisch erscheinen, was einer Effizienz von etwa 25% entspräche. Anders herum ausgedrückt würden 100 kg Holzkohle 0,6 fm entsprechen, einem Wert, der innerhalb der von Mantel (1990, 215-216) angegebenen Berechnungsgrößen liegt.

Gelingt es, die heute ungebräuchlichen Mengenangaben der historischen Quellen realistisch in heutige Maßsysteme zu überführen, kann zumindest für die überlieferten Lieferungen ein Holzäquivalent angegeben werden. Unter der rein hypothetischen Annahme, dass der 10. Teil der Produktion im Sinne einer Steuereinnahme an den Landesherren ging, können auch vorsichtig Größenordnungen für den Gesamtverbrauch einzelner Regionen angegeben werden.

In Bereichen mit fehlender schriftlicher Überlieferung kann durch die Auswertung archäologischer Fundstellen die Menge des verbrauchten Holzes ebenfalls größenordnungsmäßig rekonstruiert werden. Wie aus der Literatur zum historischen

Meilerbetrieb ersichtlich ist (vergl. Kap. 4.1.3), gestaltet sich die Form eines Meilers in der Regel als Halbkugelabschnitt, in dem das Kohlholz möglichst eng gepackt ist. Die Größe der archäologisch nachgewiesenen Meilerstelle entspricht etwa der Grundfläche des Meilers, die Höhe des Meilers überschreitet in der Regel nicht 3 m, da meist nicht mehr als drei Stockwerke Holz eingestellt werden. Das Holzvolumen eines Meilers berechnet sich demnach aus 2/3 n r3 bei Meilerstellen unter 6 m Durchmesser oder 2/3 n r2 -3 m bei Meilerstellen über 6 m Durchmesser.

Sowohl von Klein (1836, 119) als auch von Berg (1820, 67) werden neben diesen Formeln noch andere Berechnungsmöglichkeiten angegeben, jedoch sind die dafür notwendigen Bezugsgrößen nicht einem archäologischen Befund zu entnehmen.

Das in den verschiedenen Formeln errechnete Volumen entspricht der Raummeterzahl des eingestellten Holzes. Ein Raummeter entspricht etwa 0,6 Festmeter, so dass auch das reine Holzvolumen ohne Luftzwischenräume berechnet werden kann.

Was durch diese Berechnung nicht ermittelt werden kann, ist die Angabe der Nutzungsdauer einer Köhlerstelle und die Anzahl der Meilerbrände pro Jahr. Aus der historischen Köhlereiliteratur ist zu erstehen, dass eine Köhlerstelle an Qualität gewinnt, je länger sie genutzt wird. Es können also pro Jahr durchaus mehrere Meiler hintereinander auf einer Kohlplatte gefahren werden, die Brände können jedoch auch in verschiedenen Jahren erfolgt sein. Wiedernutzungen längst aufgelassener Köhlerstellen, besonders wenn zur Anlage der Meilerstelle eine Terrasse errichtet wurde, sind ebenfalls zu vermuten. Weder durch naturwissenschaftliche Datierungsmethoden noch durch eine exakte Analyse der Stratigraphie sind diese Fragen bislang zufriedenstellend zu klären. Die in dieser Arbeit untersuchten Meilerstellen wiesen zum Teil eine vollkommen unterschiedliche Holzkohledichte im Befund auf, so dass viel benutzte von wenig benutzten Meilerstellen unterschieden werden können, wobei jedoch der Zeitraum der Nutzung unbekannt bleibt (vergl. Kapitel 6.1 und 6.2). Bei einer vollkommenen Auslastung einer Kohlplatte mit 6 m Durchmesser (ein Maß, welches etwa der durchschnittlichen Größe der entdeckten Meilerstellen entspricht) sind pro Jahr kaum mehr als 10 Meilerbrände zu schaffen. Jeder Meiler dieser Größe braucht mindestens zwei bis drei Tage zum Aufschichten, eine Woche zum Brennen und einen Tag zum Ausnehmen und Auskühlen der Kohle. Nicht in die Berechnung einbezogen ist der Zeitaufwand für das Fällen der Bäume und den Abtransport des Holzes.

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