Holzgas Omnibusse in Rostock

aus 77 Jahre Stadtomnibus in Rostock von Lutz Kösser

In den Jahren 1933/1934 erfolgte in Deutschland eine versuchsweise Umstellung von ca. 7000 Nutzfahrzeugen auf den Antrieb mit Holzgas aus Abfallholz.
Im Großversuch wurde die Verwendungsmöglichkeit getestet. Dem faschistischen Staat ging es darum, sich wirtschaftlich vom Ausland unabhängig zu machen und die neue faschistische Ideologie mit praktischem Beispiel zu propagieren.

Ein von der Waggonfabrik in Wismar gelieferter neuartiger Holzgasomnibus mit der Betriebsnummer 21 wurde noch 1933 in Dienst gestellt und auf der zu dieser Zeit als Linie W betriebenen Kraftomnibuslinie von Rostock nach Warnemünde getestet. Das Fahrzeug trug folgende Aufschrift: „Versuchswagen – Antrieb mit Holzgas aus deutschem Abfallholz“

Die Testergebnisse waren zufriedenstellend und so wurden im Jahr 1935 vier bereits vorhandene Omnibusse auf Holzgasbetrieb umgestellt.
Weitere fünf Busse, die ebenfalls die Waggonfabrik Wismar lieferte, wurden zugeführt. Von den zum Jahresende 1936 vorhandenen 21 Omnibussen, die auf 4 Linien verkehrten, fuhren 10 Omnibusse mit Holzgasantrieb. Zusätzlich wurden 2 Anhänger in Dienst gestellt, die auf der Linie W zum Einsatz kamen.
Zum Auftanken der Holzgasomnibusse entstand 1935 im Depot Fahnenstraße eine Holztankstelle, die noch heute unter dem Namen „Holzhalle“ bekannte, bis 1993 als Werkstatt des innerbetrieblichen Fuhrparks genutzte Fahrzeughalle im Betriebshof in der Fahnenstraße. Nach jedem Einsatz durchfuhr jeder Holzgasomnibus diese Halle, der Holzgasgenerator wurde durchgespült und ca. 18 Säcke trockenes, in kleine Würfel geschnittenes, Holz wurden für den nächsten Tageseinsatz verladen.
Im März 1938 erfolgte nochmals eine Lieferung weiterer 5 Holzgasomnibusse aus der Waggonfabrik Wismar.
Somit verkehrten bei der Rostocker Straßenbahn A.G. insgesamt 15 Kraftomnibusse mit Holzgasgeneratorantrieb.

Durch zahlreiche Neuzuführungen von Omnibussen in den Jahren ab 1955 war es dann möglich, die letzten Holzgasomnibusse bis zum Jahr 1957 auszusondern. Damit endete ein sehr interessantes Kapitel Rostocker Omnibusgeschichte.

Holzgas wismarWismarer Wochenkalender

Der in der Triebwagen- und Waggonfabrik Wismar 1933 entwickelte Holz-Gas-Autobus für 50 bis 60 Fahrgäste, hier in einer Werbegrafik dargestellt, wurde mit Abfallholz betrieben, das über den Stehplätzen im versenkten Dachboden als Energiereserve mitgeführt wurde. Es reichte immerhin für eine Strecke von 500 bis 600 km, wobei der am Ende des Busses verkleidet eingebaute Holzgas-Erzeuger der Imbert Gas-Generatoren GmbH Köln-Deutz jeweils nach 120 bis 150 km nachgefüllt werden musste. Der Verbrauch soll, glaubt man der Werbung, mit etwa 100 kg je 100 km kostengünstiger als der eines damaligen PKW gewesen sein. Wismarer Holzgas-Omnibusse wurden in den 1930er- Jahren nach Rostock und Lübeck geliefert.

 

Montag, 7. Mai 1934

Der Holzgas-Omnibus hielt hier am gestrigen Sonntag beim „Deutschen Haus“
Es ist das ein von der Waggonfabrik Wismar hergestellter Versuchswagen mit Henschel-Motor, der als Verkehrsautobus auf der Strecke Rostock-Warnemünde läuft. Mit diesem Wagen waren die Rostocker Fußballspieler zu dem gestrigen Fußballspiel hergekommen. Der Betrieb des Wagens ist außerordentlich billig, da die Heizung mit Buchen- und Eichenabfallholz erfolgt. Mit demselben Wagen hat die Stormarner Kreisverwaltung auch bereits erfolgreiche Versuchsfahrten unternommen. Wie verlautet, sollen im Kreise demnächst Wagen desselben Typs eingestellt werden.
OL

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