Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Anonymus |
Fundstelle: | 1921, Band 336 (S. 24–31) |
URL: | http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj336/ar336004 |
Die Torfindustrie hat nicht nur infolge der Kohlennot in den letzten Jahren einen bedeutenden Aufschwung genommen, sondern auch schon während des Krieges wurde der Torf infolge der Knappheit an Stroh und textilen Rohstoffen in zunehmendem Maße als Ersatzstoff herangezogen, so als Stallstreu sowie zur Fasergewinnung. Neuerdings ist hierzu noch die Herstellung leichter Bausteine und Isolierplatten hinzugekommen.
Aber auch die Krafterzeugung aus Torf macht lebhafte Fortschritte. Wie Dr.-Ing. C. Birk in den Mitteilungen des Vereins zur Förderung der Moorkultur, 37. Jahrg., Nr. 6, näher ausführt, verbraucht das Kraftwerk im Auricher Wiesmoor jetzt jährlich 75000 t Trockentorf, aus denen 25 Mill. kWst gewonnen werden; der Brennstoffverbrauch beträgt somit 3 kg für die kWst. Nimmt man an, daß ein cbm Torfmasse 150 kg lufttrockenen Torf ergibt, so sind für den Jahresbedarf des Kraftwerkes etwa 500000 cbm Torfmasse zu heben bzw. es sind jährlich 12,5 ha Fläche abzutorfen.
Zum Heben des Torfes haben sich in Deutschland die Torfbagger von Wielandt und von Strenge eingeführt, die bei einem Kraftbedarf von durchschnitttich 35 PS und mit 5 Mann Bedienung in 10 Std. 400 bzw. 600 cbm Rohtorfmasse zu heben vermögen: Der größeren Leistung des Baggers von Strenge steht als Nachteil sein höherer Anschaffungspreis sowie seine geringere Beweglichkeit gegenüber. Auch für kleinere Betriebe sind verschiedene Torfstechmaschinen sowie Formmaschinen gebaut worden, die sich in der Praxis bewährt haben.
Seit langem ist man bestrebt, die künstliche Entwässerung des Torfes durch Pressen oder Erwärmen wirtschaftlicher zu gestalten; die Aussichten für diese Verfahren sind infolge der starken Preissteigerung für Kohle heute wesentlich günstiger als früher. Neben den bekannten Verfahren der Naßpreßgesellschaft in Wiesbaden und von Ekenberg sind von M. Ziegler in Berlin in jüngster Zeit Versuche angestellt worden mit einer Torfpresse, in der grubenfeuchter Torf auf einen Wassergehalt von 50 bis 60 % gebracht werden kann. Die Preßkuchen sollen hierauf durch die Abwärme von Torfverkokungsöfen in Silos weiter entwässert werden. Einen neuen Torfdampfkessel hat Schwarzenauer angegeben, bei dem das aus dem Torf ausgetriebene Wasser ähnlich wie bei dem früheren Vorschlag von Gehrke als Arbeitsdampf benutzt werden soll, Versuche im Großen sind jedoch mit diesem Kessel noch nicht gemacht worden. Die in Schweden eingeführte Torfpulverbereitung nach Ekelund stellt sich für unsere Verhältnisse zu teuer.
Ein anderer Weg der Torfveredelung ist das Verfahren der Bertzit-Gesellschaft in München. Hierbei wird bis auf 50 % Wassergehalt vorgetrockneter Torf in periodisch arbeitenden Schrägkammeröfen oder in ununterbrochen arbeitenden Schachtöfen durch die Verbrennungswärme von Heizgasen, die in einem besonderen Torfvergaser erzeugt werden, auf 200 bis 250° oder bis zur beginnenden Teerbildung erhitzt. Hierbei wird sämtliches Wasser, auch das chemisch gebundene, entfernt und es entsteht ein schwarzer kohleartiger Brennstoff, der einen Heizwert von 5500 bis 6500 WE besitzt und mit langer reiner Flamme brennt. Dieses Verfahren, das auch noch nicht im Großbetrieb erprobt ist, kann für Länder, die keine eigenen Kohlenvorkommen besitzen, Bedeutung erlangen. Auf dem Gebiete der Torfverkokung erwähnt Verf. den rotierenden Trommelofen von Francke–Tern, der von außen mit Gas geheizt wird und in dem der lufttrockene Torf mit Hilfe von überhitztem Wasserdampf destilliert wird, wodurch eine hohe Ausbeute an Teer und Ammoniak erzielt wird. Die Schwelgase gelangen aus dem Trommelofen zunächst, in eine Staubkammer und hierauf in einen Teerschneider, die nicht verdichtbaren Gase dienen schließlich zur Heizung der Trommel. Der hierbei gewonnene Torfkoks ist ein brauchbarer Ersatz für Holzkohle und findet zu metallurgischen Zwecken Verwendung.