Düngung mit Steinkohle

Die bemerkenswerten Erfolge, über die Eduard Lucas 1840 durch die Verwendung von Holzkohle im Botanischen Garten München berichten konnte, und die von vielen wissenschaftlichen Zeitschrifen weiter verbreitet wurden, regten dazu an, in der Literatur nachzusehen, ob es irgendwo vergleichbare Erfahrungen gab.

Offensichtlich ist die Wirkung von elementarem (pyrogenem) Kohlenstoff als Mittel zur Steigerung von Erträgen in der Landwirtschaft oder als Hilfsmittel im Gartenbau nicht erkannt worden. Wenn kohlehaltige Materialien erwähnt werden, so lediglich wegen anderer Bestandteile, zunächst Schwefel in Analogie zum Gips, später Ammoniak als Stickstoffquelle.

In der Düngelehre von Erhard Friedrich Leuchs aus dem Jahr 1825 gibt es sehr wohl einen Abschitt über Kohle (damals als „Kole“ geschrieben) mit Erfahrungen, die in die Richtung der Ergebnisse weisen. Auf Seite 310 wird erläutert:

Die Kohle hat eigentlich keine düngende Kraft, aber andere Wirkungen, die schätzbar sind. Sie macht nämlich den Boden locker, ist den Kerfen zuwieder, saugt viel Kohlensäure, Wasser (3 bis 500 Prozent) und alle Dünste und vegetabilischen Stoffe, die riechenden Teile des Mistes,  ja selbst Erdarten ein, hindert die Fäulnis des Mistes und der Pflanzenwurzel, vermehrt auf den Boden gestreut, die Wärme und hält sie zurück, erschwert das Eindringen der Kälte etc. befördert aber dann auch das Austrocknen. Auf Moorboden leistet sie ganz besondere Dienste

Es wird vermutet, daß der Geschmack bestimmter Pflanzen (Zwiebel, Anis) durch die absorbierende Kraft der Kohle verbessert wird und heilsame Wirkungen davon ausgehen:

Wenn man viel Mist genommen hat, die Lage schattig und feucht ist, so wie bei Verwundungen und Krankheiten der Pflanzen, wird Mischung der Erde mit Kohle nützlich sein.

Krullfarnarten (Adiantum) werden, wenn beim Teilen ihre Wurzeln verwundet sind, vor dem Setzen in frische Erde mit Ziegelmehl, Kreide und Holzkohlenpulver bedeckt und dadurch vor Fäulnis gesichert.

Leuchs gibt an, daß meist Holzkohle verwendet wird, es könne aber auch Braun- oder Steinkohle genommen werden. Am besten sei Tierkohle, die aber wegen ihres hohen Preises nicht in Frage käme. Der Gärtner Tatin aus Paris empfehle Holzkohle aus leichten Holzarten zum Pflanzen von Bäumen,

…………denn unter den Kohlen hält sich die im Erdreich vorhandene Feuchtigkeit auch während der größten Hitze und gewährt den Wurzelfasern, die sonst verdorren würden, Kühle und Nahrung. Die Kohlen sollen zu dem Ende, wenn sie eben glühend sind, in einer großen Menge Wasser gelöscht werden, alsdann wird die ihnen nachgerühmte Wirkung nicht ausbleiben.

Erst 1841 erschien die 1839 ausgezeichntet Preisschrift zur „Ernährung der Pflanzen“ von F. X. Hlubek aus Graz im Druck, der unter Kohle nach einigen grundsätzlichen Erwägungen lediglich die Düngewirkung der Tierkohle (Spodium, Abfallprodukt der Zuckerindustrie) berücksichtigte, die aber eigentlich Knochenasche mit einem geringen Anteil Restkohlenstoff darstellt.

Bei Leuchs findet sich Seite 243 der Hinweis auf vergleichbare Materialien, die pyrogenen Kohlenstoff enthalten:

Der Steinkohlen-, Torf- und Holzruß muß wegen seines Gehalts an Ammoniak in diesem Abschnitt aufgeführt werden.

Leuchs nennt einige Regionen, wo Russ, meist vermischt mit anderen Stoffen, zur Düngung eingesetzt wird.

In Regensburg wird der Kaminruß gesammelt und zum Düngen gebraucht.

In England wird die Anwendung des Rußes (Steinkohlenruß) sehr allgemein. In seinem einfachsten Zustande tut er die besten Dienste auf leichtem, steinigen, kreidigen oder kalkigen Boden.

Auch Reste aus der chemischen Industrie wurden offensichtlich eingesetzt (Seite 311)

Am Rhein wendet man tierische Kohle von Berlinerblaufabriken zur Düngung der Wiesen und Felder an.

Er erwähnt auch die Praxis des Abrennens von Biomasse, wobei offensichtlich durch die Kontrolle des Verbrennungsvorgangs erreicht werden soll, dass pyrolytische Kohle zurückbleibt.

Anfänglich wird der Haufe schwärzlich und dunkel aussehen, dann fangen die Rasen an zu krachen und in Stücke zu zerfallen. Wenn dies geschehen, dämpft man die Glut durch frischen Rasen. Brennt der Haufe in voller Glut zu lange, so verliert die Asche ihre größte Kraft.

Leuchs nimmt weiterhin an, daß die positive Wirkung der „geräucherten Erde“ auf den Ammoniak zurückzuführen ist.

Zu den ammoniakhaltigen Düngemitteln gehört auch die geräucherte Erde, deren Bereitung man mit dem Rasen- und Plaggenbrennen verbinden könnte. In der Grafschaft Mark in Westfalen macht man nämlich auf dem zu düngenden Lande Haufen von Reisig, Heidkraut, Lauf und dgl., bedeckt sie mit Rasen und Erde und zündet sie an. Die durchschmauchte und mit Asche vermische Erde wird auf dem Land verbreitet.

Auf den Seiten 296 bis 299 geht er ausführlich auf die sogenannte Oppelsdorfer Schwefelkohle ein, von der August Blume sagt, daß er sie 1805 entdeckt habe.

In der hiesigen Gegend hält jeder Feldwirth nach so unzähligen Erfahrungen die Schwefelkohle für das sicherste Mittel den Klee und andere Futtergewächse bei jeder Witterung zum reichlichen Wachsen zu reizen

Wie der Oeconomie-Rath und Professor Georg Stumpf schon 1792 im Allgemeinen Anzeiger bemerkt hat, war er es der schon 1760 in Böhmen erfolgreiche Versuche mit Steinkohle als Düngemittel gemacht. Damals wurde der Fürst von Fürstenberglichen Herrschaft zu Lahna nach Steinkohle gegraben. Diese war zum Teil mit mineralischen Anteilen vermischt und zerfiel an der Luft. Sie wurde als Ersatz für Gips auf den Kleefeldern eingesetzt.

Hier stand in den rohen aufgestreuten Steinkohlen trotz 5 Wochen Dürre verwichenen Sommer 1 1/2 Elle langer frecher Klee, weiter fort im Gyps nicht viel geringerer, und gleich neben beyden, endlangs wo kein Gyps und keine Steinkohle lag, wie abgeschnürt kaum schuhlang und mager.

Einige Jahrzehnte später wurden diese Erfahrungen in Österreich aufgegriffen. In den Verhandlungen und Aufsätzen, Herausgegeben von der k.k. Landwirthschafts-Gesellschaft der Steyermark, berichtet Aloys Geyer 1833 über eigene Versuche unter Berufung auf die Angaben in Leuchs Düngerlehre.

Um hierin Gewissheit zu erhalten, brachte ich Exemplare von der Oberndorfer Steinkohle Herrn Professor Anker vom Joanneum in Grätz, welche sie mit der Oppelsdorfer verglich und fand, daß sie gleichfalls Gips, schwefelsaures Eisen und Ton, und zwar in noch größerem Verhältnis als die Oppelsdorfer enthält, mit welche sie auch die Eigenschaft, an der Luft zu zerfallen, gemein hat.

Nach einer Analyse von Dr. Schmid in Jena besteht die Oberndorfer Steinkohle (die teilweise auch als Braunkohle bezeichnet wird) aus

12,500 pCt. hygroscopischen Wassers,
19,166 “ wasserleeren Vitriols,
14,001 “ Thones,
7,885 “ Schwefelkieses, und
46,448 “ organischer Substanz

Der Kohleanteil spielte in den Überlegungen zur Düngewirkung keine Rolle.

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