Destillation teerhaltige Essigsäure

Anzeige im Auskunftsbuch Chemische Technik 1919

Die Firma F. H. Meyer in Hannover-Hainholz hat 1907 ein Patent zur Auftrennung von teerhaltiger Essigsäure durch Destillation mit einer Glockenbodenkolonne angemeldet (D. R. P. Nr. 180 303). Der Glockenboden war in der Branntwein-Destillation seit Jahren bekannt. Die Beschreibung bezieht sich auf die Holzdestillation. Durch die Rektifikation wird Brennstoff gegenüber dem bis dahin üblichen mehrfachen Destillieren gespart.

In dem populären Werk „Das Reich der Erfindungen“ von Heinrich  Samter, ist in der Ausgabe von 1896 das Prinzip gezeigt. Dort wird ab Seite 343 auch auf das Verkohlen von Holz eingegangen. Neben den bekannten Meilern werden auch die Öfen erwähnt.

Die zur Verkohlung des Holzes dienenden Öfen ſind meiſt kugel-
förmig gebaut, haben unten einen ſehr langen und breiten Roſt, oben
einen entfernbaren Schlußſtein und vorn eine breite Thür zum Ziehen
der fertigen Kohlen, durch eine ſehr genau ſchließende kleine Thür
unterhalb des Roſtes läßt ſich der Zug regulieren. Seitlich iſt irgendwo
ein Abzug für die Teerdämpfe angebracht, welche zur Kondenſierung
in Kühlapparate geleitet werden. Beim Verkohlen der Nadelhölzer
wird auf die Ausbeute an Teer gerade ein Hauptwert gelegt, ſo daß
man dieſe Öfen geradezu Teerſchwelereien nennt. Auch eiſerne Ver-
kohlungsöfen ſind ſtatt der gemauerten zahlreich im Gebrauch.

In Dinglers Polytechnischen Journal von 1915 wird auf die Verwendung  zur Teerdestillation hingewisen (1915, Band 330 (S. 367–378) 

Dieses Verfahren gestattet ein völlig gefahrloses, kontinuierliches und wirtschaftliches Abdestillieren des Teers bis auf sprödes Hartpech. Die Destillation erfolgt in einem mit Dampf von 6 bis 8 at Ueberdruck geheizten Kolonnenapparat (wie sie in der Spiritusindustrie seit langem gebräuchlich sind), in dem der stetig zugeführte Teer in feiner Verteilung herabrieselt, während ihm von unten ein gleichmäßiger Strom überhitzten Wasserdampfes von etwa 150° C entgegengeleitet wird. Ehe der Teer in die Destillierkolonne gelangt, strömt er durch einen Vorwärmer und einen Entwässerungsapparat; zur Vorwärmung dienen die bereits abdestillierten Teerdämpfe

Jahresbericht über die Leistungen der Chemischen Technolgie mit besonderer Berrücksichtigung der Elektrochemie und Gewerbestatistik für das Jahr 1907.

LIII. Jahrgang oder Neue Folge ·XXXVIII ·Jahrgang, Seite 6

Verfahren zur Ausscheidung der Teerdämpfe aus Schwelgasen.

Nach F. H. Meyer (D. R. P. Nr.180303) entweicht bei der trockenen Destillation von Holz u. dgl. neben unkondensierbaren Gasen ein Dampfgemisch, bestehend hauptsächlich aus Wasser, Essigsäure, Methylalkohol, Aceton, teerhaltigcn und terpentinhaltigen Produkten.

Zeichnung in den Jahresberichten, Seite 6

Diese Dämpfe werden in einem mit dem Schwelapparat verbundenen Kühler kondensiert und bilden den sog. Rohholzessig, ein Produkt, welches aus einer Lösung von hauptsächlich Essigsäure, Methylalkohol, Aceton, Teer und Wasser besteht und welches außerdem noch beträchtliche Mengen Teer in Suspension enthält.

Der suspendierte Teer wird durch Absetzen entfernt, und der verbleibende Rohessig, welcher Teer nur noch in Lösung enthält, ist das Ausgangsmaterial zur Herstellung sämtlicher Acetate, besonders des holzessigsauren Kalkes und essigsauren Natrons. Neutralisiert man diesen Rohholzessig mit Basen, so erhält man nach dem Verdampfen, Kristallisieren oder Trocknen Acetate, welche sehr teerreich sind und deren Gehalt an Essigsäure deshalb verhältnismäßig klein ist. Ein solches Produkt ist z. B. der braune essigsaure Kalk, welcher selten einen Gehalt von mehr als 68 Proz. Kalkacetat aufweist, im Gegensatz zum sog. grauen holzessigsauren Kalk, welcher mindestens 80 bis 82 Proz. haben muß und das wichtigste Acetat des Handels darstellt. Um nun aus dem Rohholzessig, welcher je nach Herkunft verschiedene Mengen Teer in Lösung enthält, einen essigsauren Kalk mit 80 bis 82 Proz. herzustellen , ist man gezwungen, den rohen Holzessig fraktioniert zu destillieren, wobei der Teer in dem Destillationsgefäß zurückbleibt. Das neutralisierte Destillat ergibt dann als Verdampfungsrückstand den grauen holzessigsauren Kalk.

Diese allgemein übliche Methode setzt also eine zweimalige Verdampfung des aus den Schwelapparaten erhaltenen Rohholzessigs voraus, und da aus 1 cbm Holz im Durchschnitt etwa 200 k Rohholzessig gebildet werden, so entstehen durch diese wiederholte Verdampfung erhebliche Kosten an Brennmaterial.

Es ist nun gefunden, doß die in den Schweldämpfen enthaltenen Teermengen dadurch aus dem Dampf- und Gasstrom entfernt werden, daß man einen Teil des Dampfgemisches in einem an die Retorte angeschlossenen, und über oder nebeneinander angeordneten Zellen bestehenden Apparat nach dem Verlassen der Retorte auf irgend eine Weise kondensiert und alsdann das nachströmende Dampfgemisch zwingt, unkondensiert in feiner Verteilung und wiederholt das in den einzelnen Zellen auf verschiedenen Siedetemperaturen gehaltene gemischte Kondensat zu durchstreichen.

In der ersten oder unteren Zelle des zwischen Retorte und Kühler geschalteten Zellenapparates sammelt sich dann der gesamte im Dampfgasgemisch enthalten gewesene Teer an, während aus der letzten oder obersten Zelle teerfreie Gase und Dämpfe entweichen, die im Kühler kondensiert werden.

Die aus der Retorte kommenden überhitzten Gase und Dämpfe 1 gelangen durch den Stutzen T (Fig. 1) zunächst in eine heizbare Zelle .A, worin sich infolge der Abkühlung durch die umgebende Luft die Hauptmenge des in dem Dampfgemisch enthaltenen Teeres kondensiert.

Durch diese Kondensation wird auch ein Teil des Holzessigs mit niedergeschlagen, welcher durch Zuführung von Dampf in die Heizschlange c der Kammer A wieder verdampft wird. Die aus A aufsteigenden Dämpfe zeigen infolge der eingetretenen teilweisen Kondensation bereits eine niedrigere Temperatur als das in T eingetretene Dampfgemisch und enthalten auch schon weniger Teer und mehr Holzessig. Das aus A entweichende Dampfgasgemisch gelangt durch die Glocken b in die nächste Kammer B, in welcher sich wiederum die Kondensation vollzieht a in der Weise, daß das Kondensat relativ stark teerhaltig und relativ wenig essighaltig ist, während das übrigbleibende Dampfgemisch relativ teerarm und relativ essigreich ist. Derselbe Vorgang wiederholt sich in den folgenden Kammern C, D und E. Die Kammern B, C, D, E werden durch Überlaufrohre a auf konstantem Niveau erhalten.

Die in den einzelnen Kammern befindlichen Flüssigkeiten unterscheiden sich also dadurch, daß sich in der ersten Kammer A fast nur Teer befindet, in der Kammer B ein Gemisch von viel Teer und wenig Essig, und in der Kammer C nimmt der Teergehalt ab und es wächst der Essiggehalt, so daß endlich in der letzten Kammer E fast gar kein Teer, sondern nur noch Holzessig vorhanden ist.