Carbonized rice hull (CRH)

Es ist ein echter Geheimtip. Zumindest in Europa, wo der Anbau von Reis nicht so weit verbreitet ist. In Südostasien werden die Vorzüge eines Materials, das in der meist englisch-sprachigen Literatur als Carbonized Rice Hull (CRH) bezeichnet wird, zunehmend erkannt.

Das Reiskorn ist nach der Ernte von einer ziemlich unverdaulichen Hülle umgeben. Diese wird vor dem Verzehr entfernt. Dazu gibt es seit über 100 Jahren relativ einfache Maschinen (rice huller oder dehuller). Dabei fallen die Hüllen als ein landwirtschaftlicher Reststoff an, für den es nur begrenzte Verwendungsmöglichkeiten gab. Natürlich kann es kompostiert und wieder auf die Felder zurückgebracht werden. Man kann Kissen damit ausstopfen, Spanplatten daraus herstellen oder es als Wärmedämmung einsetzen. In den meisten Ländern wird es als Abfall betrachtet.

Grössere Reismühlen verwenden dieses Nebenprodukt als Brennstoff für den Betrieb von Dampfmaschinen. BioEnergy Consult gibt im Juni 2018 an, dass

  • auf 1 t geerntem Reis  mehr als 200 kg Hüllen kommen, die
  • einen Heizwert von 3000 Kcal/kg (12,5 MJ/kg) bei
  • einem Wassergehalt von 5 bis 12 % aufweisen.

Daraus könnten etwa 500 kWh Strom erzeugt werden. Die Asche wird von der Zementindustrie abgenommen, wo sich der hohe Anteil von feinem Siliziumdioxid positiv auswirkt. Wer sich keine anderen Brennstoffe leisten kann, nimmt auch Presslinge aus Reishüllen als Brennstoff zum Kochen.

Verkohlung von Reishüllen in Japan (Quelle: Japan Farmers Market)

Verkohlung in Japan

In Japan hat die Verkohlung von Reishüllen (momigara) eine lange Tradition. Das Produkt wird kuntan 燻炭 genannt und in einfachen Meilern hergestellt.  Wie das gemacht wird, ist in den Blogs Japan Simple Life und Deep Roots mit vielen Fotos beschrieben.

Das Verfahren unterscheidet sich nicht wesentlich von der Herstellung von Holzkohle in Meilern. Man beginnt mit einem kleine Feuer und häuft dann die Reishüllen in Form eines kleinen Hügels auf. Die Verkohlungzone wandert unter verminderter Luftzufuhr von innen nach aussen. Nach ein paar Stunden ist das ganze Material durchgekohlt.

Wenn man nicht aufpasst, kann es allerdings passieren, dass man am Ende nur vor einem Haufen Asche steht.

In Japan werden werden die Kondensate teilweise aufgefangen, da sie als Pflanzenschutzmittel wirken. Schon 1977 ist eine Untersuchung über »Fungicidal Constituents in „Kuntan“ (Calcined Rice Chaff) Smoke« von M. Miyakado in der japanischen Fachzeitschrift »Agricultural and Biological Chemistry« veröffentlicht worden. Es wurden einen Reihe von phenolischen Verbindungen identifiziert, die sich aber nur im Rauch, nicht im Kuntan selbst nachweisen liessen. Die selbe Flüssigkeit aus der Verkohlung von Holz wird in Japan Mokusaku genannt und für die Biolandwirtschaft wiederentdeckt.

Die Eigenschaften und Anwendungsbereiche von 燻炭 unterscheiden sich nicht von denen von Bio- oder Pflanzenkohle. Nur das Ausgangsmaterial ist anders. In der Arbeit von Miyakado heisst es in der Einführung unter Verweis auf eine ältere Veröffentlichung (Y. Tsuno, Nōkō to Engei, 27, 68, 1972):

Since ancient times in Japan, rice chaff has usually been calcined after hulling and the carbonated chaff, Kuntan, incorporated with the soil to aid nutriment supply. It has been a  growers‘ saying that horticultural plants cultivated in beds packed with „Kuntan“ appear to be more resistant to infestation by plant pathogenic microbes than plants grown on natural soil.

Eine Pflanzerde aus je einem  Teil Boden, Kompost und Pflanzenkohle wird für die Anzucht von Zierpflanzen empfohlen.

In letzter Zeit ist durch die Popularität von Biokohle das Interesse an wissenschaftlichen Untersuchungen wieder gestiegen und es werden Biokohle aus Holz und CPH verglichen, wie an dieser Veröffentlichung von 2013  (Agronomic properties and characterization of rice husk and wood biochars and their effect on the growth of water spinach in a field test) zu sehen ist. Es wird nun schon von »Rice Husk Biochar (RHB)« gesprochen und es gibt immer mehr Veröffentlichen unter diesem Stichwort.

Aus dem Rice Technology Bulletin von PhilRice, 2005

Praktische Anwendung in ganz Asien

Die Herstellung von CRH oder RHB fängt an sich im ganzen asiatischen Raum zu verbreiten und alle Länder, die traditionell Reis anbauen, entwickeln Interesse an dem Verfahren.

Das staatliche Reisforschungsinstut der Phillippinen (PhilRice) hat schon 2005 im »Rice Technology Bulletin«, Nr. 47 eine einfache und reich bebilderte Anleitung veröffentlicht.

Es beruht auf dem traditionellen japanischen Verfahren und es wird weiter an der Verbesserung des Verfahrens gearbeitet. Eine Gruppe von Schülern der »Baluan National High School (BNHS)« in General Santos City hat 2017 eine Version aus alten Blechdosen gebaut und Feldversuche gemacht. Sie fanden, das eine bestimmte Schnecke  (kuhol, Pomacea canaliculata, Gefurchte Apfelschnecke) die Reispflanzen in Ruhe lässt.

Sie hatten gesehen, dass in Baluan, Padilla die Bauern und die Reismühlen die CPH einfach wegwerfen oder verbrennen. Inzwischen habe auch die Eltern der Schüler gesehen, welch wertvollen Rohstoff sie wegwerfen.

Industrielle Anlagen

Neben den kleinbäuerlichen Anlagen wird auch an grösseren Systemen gearbeitet. Vor allem chinesische Unternehmen bieten ihre Pyrolyseanlagen an. Beispielsweise hat die KingTigerGroup in Shanghai eine Lösung für die unterschiedlichsten Ausgangsstoffe (Hausmüll, Kunststoff, Reifen) im Portfolio. Darunter auch eine Rice Husk Charcoal Making Machine in Varianten zwischen 300 bis 3.000 kg, die aber für landwirtschaftliche Reststoffe ganz allgemein verwendet werden kann. Es ist besteht aus einer Drehtrommel und hat eine Gasreinigung.

Husk Power

Im Mittelfeld liegen Konzepte, wie Husk Power, die eine Nutzung der Reishüllen für die Erzeugung von Strom im dörflichen Umfeld ausgelegt sind. Zur Geschichte des Unternehmens heisst es 2011:  2002 erkannten die Schulfreunde Gyanesh Pandey und Ratnesh Yaday das Potenzial der Reishüllen für indische Dörfer ohne Strom.

Sie entwickelten einen Generator, der mit seinem Gas einen herkömmlichen Verbrennungsmotor speiste, der mit einem Generator gekoppelt war und so 500 Haushalt mit Strom versorgen konnte. Es sollte eine Alternative zur Photovoltaik sein, die zu teuer erschien. Inzwischen hat sich das Geschäftsmodell verändert und die Gründer haben teilweise das Unternehmen verlassen. Anfangs waren die Kunden damit zufrieden, wenn sie abens ein paar Stunden Strom hatten, aber mehr und mehr verlangten sie Vollversorgung, weil auch immer mehr elektrische Geräte angeschafft wurden. Es wurden Hybrid-Systeme entwickelt. Dennoch gilt, dass ist die Vergasung in der Nacht billiger ist als grosse Batteriespeicher.

Die Reishüllen werden bei 850 °C vergast und es fällt keine Kohle, nur Asche, an. Bei 1.000 °C würde das Material zusammenbacken und den Vergaser blockieren.

Inzwischen werden die Konzepte für Reismühlen immer grösser. Etwa ein Konzept für Bangladesh mit 2,5 MW und Netzeinspeisung. Asche und Kohle werden verwertet. Stromerzeung konventionell mit Dampfkessel und Turbine.

Es geht auch mit Stirlingmotor

In Kambodscha wird der Strom mit einem Stirlingmotor aus Reishüllen in Verbindung mit einem Vergaser produziert. Das lässt sich im Prinzip auch mit der Herstellung von Kohle kombinieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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